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#917

Winzer zündeln mit Mehrweg

Pfungstadt: Das Echo der 97

Da waren‘s noch drei: Als Uwe Lauer (Mi.) die Brauerei 2020 übernahm, war Stefan Seibold (li.) noch als Gf an Bord – mittlerweile ist das nur noch Peter Winter (re.).

Im jahrelangen Drama um die einst stolze Pfungstädter Brauerei läutet Investor Uwe Lauer die Totenglocke. Ungeschickte Manöver hin oder her – das Systemversagen begann Jahre vorher.

Das Jahr 2020 war schon verrückt: Erst tauchte aus dem Nichts der von INSIDE vor Bekanntwerden ausfindig gemachte ominöse Investor Uwe Dieter Krück auf und versprach den Pfungstädtern u.a. den Neubau der „modernsten Brauerei der Welt“, was naturgemäß wuschelige  Fantasien in der Stadtspitze auslöste. Krück endete tragisch, seine durch nichts abgesicherten Utopien auch. Zu diesem Zeitpunkt hatten die 97 (!) Gesellschafter der damals rund 75.000 hl Marke und 50.000 volatile Export-Hektos großen Brauerei die betreffenden Grundstücke in schöner Innenstadtlage längst in eine eigene Gesellschaft verfrachtet; die Brauerei war also seit Jahren nur Mieter. Während der Brauereibetrieb aber 2020 in ein Schutzschirmverfahren rutschte, verkauften die Gesellschafter das Tafelsilber: Daniel Hopps Familiy Office und der Dossenheimer Projektentwickler Conceptaplan erwarben das Brauereigelände.  

Dass der Anlagenbauer Uwe Lauer aus dem benachbarten Seeheim-Jugenheim 2020 nach einer sehr geheim gehaltenen Sitzung des Gläubigerausschusses den Zuschlag bekam, überraschte selbst INSIDER. Eigentlich stand der in Brauerkreisen renommierte Hotelier und Brauerei-Sanierer Wolfgang Scheidtweiler (u.a. Hatz-Moninger, Bayerische Brauhaus Pforzheim) bereit, die Brauerei zu retten. Doch nach jener Sitzung, in der sich der (mittlerweile als Brauerei-Gf abgesetzte) Ex-PepsiCo-Mann Stefan Seibold für Lauer stark gemacht haben soll, tickten die Uhren plötzlich anders. Scheidtweiler (der auch mal Neubaupläne auf der grünen Wiese ventilierte) hatte bis zuletzt behauptet, mit den Hopps Vorvereinbarungen für den Rückkauf von bis zu 5.000 Quadratmetern auf dem Brauereigelände getroffen zu haben. Laut INSIDERN eine zutreffende Darstellung. Galt das auch für Lauer?

Anfangs offenbar schon, wie es intern bei verschiedenen Quellen heißt. Dann lief die Geschichte aus dem Ruder. Erst Greenfield, dann doch nicht; dann mal nur die bestehende Brauerei, dann ein Neubau daneben. Beobachter in Pfungstadt unken, dass Lauer irgendwann die Kosten eines Neubaus (und dann noch in einem neu errichten innerstädtischen Wohngebiet) realisiert haben dürfte. Letzte Woche verkündete Lauer das Aus der Brauerei, die 2021 angeblich 15 Mio Euro Umsatz erzielte und wieder „wirtschaftlich“ arbeite. In dem erst am 20.7.2022 festgestellten Jahresabschluss für 2020 wird für das Jahr 2021 aber noch „mit einem stark negativen Ergebnis gerechnet“. Für den Rennsportler (fährt ab dem zweiten Rennwochenende in Estoril mit Biermacher Racing einen Ferrari 488 GT3 mit Francesco Lopez als Beifahrer) geht der Grip auf der Strecke nach Pfungstadt verloren.

War ein „Offener Brief“ unlängst – als ein Bürgerbegehren für den Erhalt der Brauerei aus formalen Gründen scheiterte – in Wahrheit also ein getarnter Notausgang? Für die mittlerweile 70 köpfige runderneuerte Truppe bei Pfungstädter kommt die Ankündigung von Lauers Exit kurz vor Weihnachten zur Unzeit; u.a für den Ex-Binding-Braumeister und Radeberger-Betriebsleiter Peter Winter, den Lauer als neuen Gf holte. Für das Großereignis in Pfungstadt – den Hessentag im Juni – positionieren sich mittlerweile andere Brauereien. Dem Vernehmen nach auch: Licher. So schnell kann‘s gehen.   

Artikel aus INSIDE 917