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Kopf der Woche: Cem Özdemir

2014 kam in der Berliner Landesvertretung von NRW eine illustre Runde zusammen. Brauer, Funktionäre und Politiker, die übliche Melange, weil das eine dann doch immer auch mit dem anderen zu tun hat. Und so kürte der Deutschen Brauer-Bund (DBB) zum Brauertag 2014 gleich zwei Bierbotschafter, was sich im Nachhinein als großes Glück erweisen sollte: Von der Moderatorin Sonja Kraus sind keine Spätfolgen der Ernennung und Titelverleihung bekannt. Cem Özdemir allerdings, damals Grünen-Parteichef und bekennender Biertrinker, rückt dieser Tage (mittlerweile als Verbraucherschutzminister) brutal ins Licht der Öffentlichkeit. Die Brauer dürfen erstmal durchatmen: Der Kelch mit den Alkoholwerbeverboten (das Thema ist immerhin im Koalitionsvertrag verankert) ist an ihnen erstmal vorbeigezogen ist. Der Rest der Getränkebranche hingegen blickt sorgenvoll in die dunklen Wolken, die sich über ihr zusammenbrauen: Da kommt was auf sie zu.

Doch was genau das sein wird, lässt sich nach dem am Montag von Özdemir vorgestellten "Entwurf eines Gesetzes zur Förderung kindgerechter Werbung für Lebensmittel" noch nicht sagen. Zu viele Fragen bleiben offen. Ist das Nährwertprofilmodell der WHO, das das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) als Maßstab für gesunde bzw. nicht gesunde Lebensmittel zu Rate zieht, wirklich geeignet? Die Verbände gehen auf die Barrikaden: "Mit der WHO-Bezugnahme würden rund 80 Prozent der verarbeiteten Lebensmittel produktseitig erfasst", poltert etwa der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW).

Und macht es tatsächlich Sinn, ein Werbeverbot in TV, Hörfunk und Internet zwischen 6 Uhr und 23 Uhr auszusprechen, wenn laut Daten der Arbeitsgemeinschaft Videoforschung (AGF) die zu schützende Altersgruppe der bis 14-Jährigen zu dieser Zeit nur 2% ausmacht. Und was bedeutet das fürs Sponsoring? Gerade Süßgetränke-Hersteller wie Red Bull, die im Sport fast omnipräsent sind, wären brutal betroffen. Dürfte RB Leipzig noch mit dem Logo des Hauptsponsors auflaufen? Und wieso geht der Gesetzentwurf weit über das im Koalitionsvertrag Vereinbarte hinaus? Dort heißt es: „An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett-und Salzgehalt darf es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben.“ Doch wie definiert sich "an Kinder gerichtete Werbung" und wo wird die Grenze bei "Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige" gezogen? „Cem Özdemir scheint sich über die Tragweite seiner Eckpunkte noch gar nicht im Klaren zu sein", wettert Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbandes.

Vielleicht klart der Himmel über den betroffenen Herstellern aber bald auf. Denn noch handelt es sich um einen Entwurf, der viele Gremien zu durchlaufen hat. Gut möglich, dass von Özdemirs radikalem Plan noch der ein oder andere Punkt kassiert wird.