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#910

Coca-Cola im Ring: Fightclub Edeka

Die Kohlensäurekrise

Die Düngemittelproduktion ist in Europa aufgrund explodierender Gaspreise fast zum Erliegen gekommen. In der Folge fehlt das dabei gewonnene CO2 auch in der Getränkeindustrie. Selbst der Super-GAU, die Stilllegung zahlreicher Betriebe, scheint realistisch. Ein Ende der Misere - nicht in Sicht.

Stehen bald zahlreiche Betriebe still, weil sie kein CO2 mehr haben? Laut INSIDERN wird das immer wahrscheinlicher, erste Produktionsstopps gibt es wohl schon. Italien bekommt die Auswirkungen gravierenden CO2 -Mangels schon seit Monaten zu spüren – dort gibt es bisweilen nur noch stilles Mineralwasser zu kaufen, Limonaden sind out of stock.

Die Zahlen zur Krise hierzulande: 70 % des in der Getränkebranche verwendeten CO wird als Randprodukt aus der Düngemittelproduktion gewonnen (INSIDE 909). Die wiederum ist in Europa derzeit um 70 % gedrosselt – unter dem Strich steht der Getränkebranche also in etwa halb so viel CO2  zur Verfügung wie üblich.

Grund für den massiven Dünger-Einbruch: Der Erdgaspreis macht 90 Prozent der variablen Kosten bei der Düngemittelproduktion aus und ist für die Produzenten wie BASF und Co. innerhalb eines Jahres um rund 1000 Prozent explodiert. Vor allem wegen der Abhängigkeit von Russland ist das Erdgas hierzulande im Moment etwa zehnmal teurer als in den USA.  

Lieferanten der Getränkeindustrie wie Linde oder Carbo kommen selbst kaum an CO2 . INSIDER, die den Lieferanten sonst immer wieder kartellähnliche Zustände vorgeworfen haben, räumen ein, dass diese aktuell selbst „von Tätern selbst zu Opfern“ werden. Ein Lieferant hat die Ausfuhren offenbar bis auf Weiteres komplett eingestellt, Konkurrenten könnten folgen. Fest steht: Alle liefern derzeit nur Teile der vereinbarten Mengen, mit Priorität auf Bestandskunden, und meldeten reihenweise Force Majeure an (u.a. AirLiquide Ende August).

Kleine Brauereien, die keine CO2 -Rückgewinnungsanlagen besitzen, können laut INSIDERN nach einem Lieferstopp nur noch zwei bis drei Wochen produzieren und müssten dann den Betrieb herunterfahren. Alternativen für die Industrie bestehen im Grunde nicht, nur die Gastro kann beim Fassbier mit Stickstoff Abhilfe schaffen. Von Lieferantenseite heißt es, dass die Menge an verfügbarem CO2  aufgrund planmäßiger Revisionen an Anlagen weiter absacken dürfte.

Ein Ende der Misere ist nicht in Sicht, solange die Gaspreise nicht sinken. ZWar wächst der Druck der Düngemittelhersteller auf die EU, kurzfristige Verbesserungen sind aber nicht in Sicht. Lieferanten haben keine Handhabe gegen BASF und Co. Deshalb wollen sie mittelfristig ihre Abhängigkeit von der Düngemittelproduktion reduzieren und CO2  verstärkt natürlich selbst herstellen. Kurzfristig funktioniert das allerdings nicht.

(Artikel aus Printausgabe INSIDE 910, erscheint am Freitag, den 9.9.2022)