Dazu, dass die Großhandelsverkaufspreise in der Getränkebranche im Jahresvergleich deutlich langsamer gestiegen sind als im deutschen Schnitt, äußert sich Dirk Reinsberg, Geschäftsführender Vorstand beim Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (BV GFGH) gegenüber INSIDE kritisch: "Andere Branchen zeigen schon lange einen stärkeren Willen und einen anderen Sinn für die Notwendigkeit kurzfristiger Anpassungen als unsere." Das hänge damit zusammen, dass der Handel mit Getränken als "strategische Kategorie" angesehen werde, die stark von einer Angebotskultur geprägt sei. "Schauen Sie sich die Preishefte von vor 20 Jahren an, die Angebote sind trotz stetig gestiegener Kosten fast die gleichen wie damals", sagt Reinsberg.
In einer Lage wie der aktuellen sei die Logik mit sehr moderaten Preissteigerungen und langen Vorlaufzeiten aber nicht passend. "Die Dynamik lässt das eigentlich nicht zu. Das muss sich ändern", so Reinsberg. "Man hätte jetzt schon hochgehen müssen." In erster Linie befänden sich kleinere Brauereien derzeit in einer schwierigen Lage. Reinsberg sagt: "Die Entwicklung trifft zwar alle, aber die Großen geben die Preissetzungen entscheidend mit vor." Er gehe allerdings davon aus, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis flächendeckend die Preise steigen.
Besorgniserregend findet Reinserg die Tendenz, dass Brauereien eher an der Fassbier-Preisschraube drehen als sich an den Handel zu wagen: "Die Gastronomie kann die Preise nicht unendlich erhöhen." Sie habe das ohnehin durch Corona, Personalprobleme und die Inflation schon tun müssen. "Wenn es noch teurer wird, besteht die Gefahr, dass Menschen ihr Bier lieber zuhause trinken oder weniger bestellen." Bisher habe Deutschland eine gut laufende Gastronomie, weil die Preise verglichen mit dem europäischen Ausland vertretbar gewesen seien, das sei aber kein Selbstläufer. "Wenn ich in Deutschland Urlaub mache, gehe ich auch abends mein Bier auswärts trinken. In Dänemark oder Norwegen mache ich das nicht. Da sollten wir nicht hinkommen", sagt Reinsberg.