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LKW-Kartell: Milliarden-Summe im Feuer

Von 1997 bis etwa Anfang 2011 hatten die großen europäischen LKW-Hersteller Daimler, MAN, Volvo/Renault, DAF, Iveco und Scania illegale Preisabsprachen getroffen. Betroffen sind zehntausende Unternehmen. Es geht um einen Schadensersatzwert in mindestens zweistelliger Milliardenhöhe. Viele Geschädigte, auch aus der Getränkeindustrie, haben ihre Ansprüche noch nicht geltend gemacht. Doch im Juli droht Verjährung.

Die kartellrechtswidrigen Absprachen über Preise und Bruttopreiserhöhungen hatte MAN gegen Straffreiheit als Kronzeuge aufgedeckt. Bis auf die VW-Tochter Scania räumten alle Hersteller die Vorwürfe ein. Die EU-Kommission verhängte in den Jahren 2016 und 2017 Rekordbußgelder in Höhe von rund 3,8 Milliarden Euro. Seitdem ist der Weg für Schadensersatzklagen gegen die LKW-Hersteller frei. Doch bisher hat über die Hälfte aller betroffenen Unternehmen noch keine Klage eingereicht. Dabei geht es um viel Geld. Einer Schätzung zufolge sind pro LKW rund 10.000 Euro Schadensersatz (exkl. Zinsen) drin. Insgesamt wurden im Kartellzeitraum in der EU ca. 3,6 Mio betroffene LKW verkauft. Die Mehrzahl der Käufer bzw. Leasingnehmer stammt aus dem Mittelstand und bildet ca. 100.000 betroffene Unternehmen ab. Nach einer Marktuntersuchung der niederländischen Non-Profit-Organisation unilegion Truck Claims sind allerdings erst ca. ein Drittel davon aktiv geworden.

Das liegt v.a. daran, dass die Kosten bei einer Einzelklage sehr hoch sind und diese deshalb auch nur für große Unternehmen Sinn macht. Hinzu kommt, dass im Regelfall nur sehr große Abnehmer über ein Verhandlungsgewicht verfügen, um für sich allein mit den LKW-Herstellern eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Für kleine und mittlere Unternehmen gibt es aber die Möglichkeit, an einer Sammelklage teilzunehmen. Eine solche bereitet die auf das LKW-Kartell spezialisierte Stiftung unilegion Truck Claims vor, die von europäischen Kapitalgebern finanziert wird. Geschädigte können sich definitiv noch im April unter Vorlage entsprechender Dokumente der Sammelklage anschließen.

Verjährung der Schadensersatzansprüche droht

Diese muss bis spätestens Juli vor Gericht eingereicht werden, da fünf Jahre nach Bekanntgabe der Entscheidung der EU-Kommission zum LKW-Kartell im Juli 2016 eine Verjährung der Schadensersatzansprüche droht. Hunderte Unternehmen mit mehreren tausend LKWs beteiligen sich bisher an der Sammelklage. Die Getränkebranche stellt Schätzungen zufolge 10 bis 20% der teilnehmenden Unternehmen dar. Kosten für das Verfahren entstehen den Unternehmen dabei nur im Erfolgsfall. Gerichts-, Anwalts- und Gutachterkosten werden dann auf alle beteiligten Unternehmen umgelegt. Vom Nettoerlös wird nach Abzug aller Kosten noch eine Provision (an die Prozessfinanzierer) in Höhe von 28% fällig.

Niederlande: Das Eldorado für Sammelklagen

In Deutschland sind Sammelklagen allerdings noch nicht allzu sehr etabliert und werden oftmals aus rein formalen Gründen abgewiesen (Anfang 2020 scheiterte eine Sammelklage über mehr als 600 Mio Euro gegen das LKW-Kartell erstinstanzlich vor dem LG München). Deshalb hat die unilegion Truck Claims die auf Kartellschadensersatzverfahren spezialisierte Kanzlei bureau Brandeis engagiert, um vor der Rechtbank (Gericht) in Amsterdam Klage einzureichen. Die Niederlande gelten mit Blick auf kartellrechtliche Schadensersatzklagen als einer der attraktivsten Gerichtsstände in der EU. Zudem sind Sammelklagen in dem Beneluxstaat anerkannt. Gegen das LKW-Kartell werden in Amsterdam bereits mehrere große Schadensersatzklagen verhandelt. Die Verfahren werden nach Einreichungsdatum vom Gericht jeweils in Wellen zusammengefasst. So ist dort u.a. bereits seit 2018 eine Sammelklage der Verbände-Geschädigten-Gemeinschaft (VGG) anhängig, der u.a. der BV GFGH angehört. Vertreten werden die über 200 in der VGG organisierten Mitglieder von der auf kartellrechtliche Schadensersatzansprüche spezialisierten Kanzlei MJG Rechtsanwälte und Cartel Damage Claims (CDC). Eine richtungsweisende Entscheidung wird in drei bis vier Monaten erwartet. Bereits für den 7. April ist für die Verfahren aus der ersten Welle eine Entscheidung angekündigt, die wichtige Erkentnisse für die weiteren Klagewellen bringen dürfte.     

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