Statt Umzug in die Berliner Messehallen probte der Bar Convent Berlin eine digitale Messe. Mit Vorträgen, Tastings und virtuellen Meetings. Trotz Zuspruchs und positiver Stimmen: Alle träumen vom Live-BCB 2021.
Es war eine schwierige Mission für die Betreiber des Bar Convent Berlin (BCB), Reed Elsevier. Der BCB lebt von der Begegnung. Die Hallen am Gleisdreieck waren in den vergangenen Jahren immer brechend voll, die Abendveranstaltungen bestens besucht. Die Barwelt traf und feierte sich. 2020 sollte es auf dem Gelände der Berlin Messe losgehen. Doch Begegnungen gab es mit Ausnahme einiger Stelldicheins ausgewählter Bartender – nur virtuell. Statt drei Tage durch Messehallen und Berlins Nachtleben zu tingeln, eine Woche iPad-gucken. Zum Berliner BCB gesellten sich die BCB Brooklyn und Sao Paolo sowie die Imbibe live. Es gab viel zu hören und zu sehen aus der weiten Welt der Barszene, quasi eine kleine Spirituosen-Universität mit 3.000 Stunden Stoff, der wie die Ausstellerprofile noch bis 25.10. abrufbar sein soll.
Top-Clicks waren „Wie werde ich der beste Bartender der Welt“ und „Die Geschichte der Cocktails in 30 Drinks“. Der Veranstalter meldet 232 Aussteller mit digitalen Messestand. Gezählt wurden 6.800 Teilnehmer aus 77 Ländern. Der Großteil kam aus USA, Brasilien, Großbritannien und Deutschland, also vor allem den Ländern, in denen die einzelnen Messen sonst live stattgefunden hätten. Indien, Mexiko und Singapur klickten auch gern mal rein. Vor allem Aussteller stürzten sich auf die Dating-Plattform. Auch da ist die Zahl dokumentiert. 1.000 persönliche Videomeetings fanden laut Messeveranstalter statt. Vor allem Newcomer und alle die neue Produkte im Gepäck hatten und das wegen Corona der Barwelt noch nicht vorstellen konnten, zeigten sich begeistert. Probiert werden konnte auch. Zumindest wenn das Produkt rechtzeitig in der Pouring-Box landete, die es gegen Geld zu erwerben gab. Auch wenn nicht jeder schaffte bis zur Deadline Anfang September sein neues Produkt in die Pouring-Box zu hieven, lief das Knüpfen von Kontakten offenbar. Einige hatten im Halbstunden-Takt Gespräche und fanden den Rhythmus gut: „Besser als auf dem Messestand, wo du 80 Visitenkarten hast, aber mit keinem richtig sprichst.“ Es gab einen virtuellen Concierge, der die Neulinge an die Hand nahm. Von alleine lief allerdings nichts. Es musste schon angefragt werden. Dann meldeten sich aber auch viele Gastronomen und Fachhändler.
Nicht alle hatten Lust auf virtuelle Begegnungen. Ein deutscher Spirituosenmanager formulierte es drastisch: „So was tue ich mir nicht an, die Branche ist live, da verplempere ich keine Zeit vor dem Computer.“ Wer reinschaute, war durchweg positiver gestimmt: „Besser so als gar nicht“. Daniela Rücker von der Sponsorfirma Brown Forman war neugierig auf die Messe, froh den neuen Fjord-Gin präsentiert zu haben und auch sonst voll des Lobes, drückt aber dennoch „die Daumen, dass es 2021 wieder eine Live-Messe gibt“.
Artikel aus INSIDE 863