Dem Mönchengladbacher Chef der ältesten Altbier-Brauerei der Welt gehört die Marke sogar - der Ideengeber war er aber nicht, versichert Hollmann. Seit Ende April steht Rut Wiess in den Regalen. Greift die Edeka damit gezielt ein Erfolgs-Kölsch an?
Michael Hollmann, Chef der Bolten-Brauerei, Korschenbroich, hat einen Sinn für Nebenprojekte. So weit, so bekannt. Doch bisher suchte sich der 65 Jahre alte Ex-Brau und Brunnen-Vorstand, der Bolten vor 18 Jahren übernahm und die älteste Altbier-Brauerei der Welt von 20.000 (plus 20.000 Lohnbrau) auf rund 100.000 hl Bolten brachte, als Spielwiesen eher unverfängliche Beschäftigungen: Hollmann ist Aufsichtsrats-Boss bei Fußball-Bundesligist Borussia Mönchengladbach, NRW-Brauerchef und Vize-Präsident des Deutschen Brauer-Bundes. 2022 erfüllte er sich zudem einen von Anfang an gehegten Traum und übernahm die zusammen noch rund 30.000 hl großen Hannen (wo seine eigene Karriere 1993 begann) und Gatz als Altbierbrösel von Carlsberg (INSIDE 899). Dass Altbier- Veteran Hollmann nun aber in der verbotenen Stadt das Kölsch-Geschäft aufmischt, kommt überraschend.
Neues Kölsch für nur 8,73 Euro im Einkauf
Im März 2022 meldete Hollmanns Brauhaus GmbH Brauen und mehr… erstmals die Wort-/Bildmarke Rut Wiess Kölsch an. Jedoch weist der Bolten-Chef jede Eigeninitiative von sich. Er sagt: Die Idee hatte der langjährige Trinkgut-Einkäufer (INSIDE 913) Norbert Spenrath. Bekannt vorkommen dürfte sie Hollmann dennoch: Von 1973 bis 2003, also auch in seiner eigenen Hannen-Zeit, hielt die Gladbacher Brauerei die Marke Rut Wiess mit dem Slogan „Echt Kölsch“. Vor wenigen Wochen zündete Hollmann dann den Kölsch-Turbo: Die Optik wurde um den Claim „Aus Freude Aus Köln“ erweitert, die Marken-Anmeldung erneuert. Die Edeka vertreibt das Bier seit Ende April über die bereits 2021 gegründete 100%-Trinkgut-Tochter Rut Wiess Brau- Und Vertriebsgesellschaft MbH, an deren Spitze Edeka Rhein-Ruhr-Gf Marco Schäfer, 41, steht. Zusätzlich zum 3.000 hl großen Traugott Simon (Kölsch, Pils, Alt, Weizen, Schwarzbier) und den 7.000 hl Colonius für Netto stellt die Brauerei zur Malzmühle (u. a. Mühlen Kölsch, Sünner) dem Vernehmen nach auch Rut Wiess Kölsch her. Abfüller, in der 0,33 Liter-Bügelflasche: Bolten.
Bei Trinkgut existiert das Traugott-Kölsch (24x0,33 Liter für 11,49 Euro im Handel) zunächst parallel zu Rut Wiess. Die Neueinführung kostet die Kaufleute in der Bestellung über die Edeka per Handzettel laut INSIDERN erstaunlich erschwingliche 8,73 Euro, im Geschäft steht der Kasten dann für 13,99 Euro (20x0,33 Liter). INSIDER gehen davon aus, dass Rut Wiess vor allem gegen das mit 50.000 hl erfolgreiche Peters Kölsch von Radeberger zielt, das neben den Fass-Hektos genau wie Rut Wiess als 20x0,33 Liter- Bügelflasche im roten Kasten daherkommt. Edekas Problem mit Peters: Das Leergut gehört dem Kölner Fachgroßhändler-Verbund GHC e.G. und ist im Sommer chronisch knapp. Die neue Lösung laut INSIDERN: Aus recycelten und geschredderten Traugott Simon-Kisten werden die Rut Wiess-Kästen hergestellt. Gelabelt sind sie per Aufkleber – so kann Edeka sie im Misserfolgsfall schnell anderweitig nutzen.
Bislang sieht es aber gar nicht mal so schlecht aus: Einem Trinkgut-Händler zufolge läuft Rut Wiess Kölsch in den ersten Wochen „schon ganz gut mit“.
Artikel aus INSIDE 926