Unter Regie der Unternehmerfamilie Scheidtweiler (und auch ziemlich unter dem Branchenradar) ist eine 300.000 hl große Braugruppe entstanden. Ausgerechnet beim Investionsobjekt Franz in Rastatt gab es nun Stress – unter seltsamen Begleitumständen.
Was ist „ekelerregend“, was nicht? Nicht einmal zwei von den Scheidtweilers angerufene Gerichtsinstanzen konnten das Landratsamt Rastatt dazu bewegen, seine Lebensmittelüberwachung einzubremsen. Die hatte nach zwei Hausbesuchen im März ein dramatisches Bild von den Umständen vor Ort gezeichnet – einschließlich eben des Wortes „ekelerregend“. Scheidtweilers hatten das 150 Jahre alte, denkmalgeschützte Gebäude 2015 mit 5.000 hl Ausstoß übernommen; mittlerweile steuert die Franz Brauerei die 30.000 hl an. Offene Gärung, geschlossene hölzerne Malzsilos, ein kleines Juwel. Ob sich bei der behördlichen Kontrolle dort dann eine Schabe fand, wie von Scheidtweilers behauptet, oder doch ein bisschen mehr, wie das Landratsamt vermeldet, spielt am Ende keine Rolle; die Brauerei kippte 20.000 Liter Bier in den Ausguss kippen, der Schaden war behoben.
Die Braubranche sieht keinen Grund zur Häme; Wettbewerbern ist die Brisanz beim Arbeiten mit offenen Rohstoffen klar. Die Frage lautet eher, ob Behörden mit der Veröffentlichung ihrer dramatischen Berichte nicht übers Ziel hinausschießen. Und ob Scheidtweilers die vier Mio Euro, die sie zeitnah in die Brauerei Rastatt investieren wollten, jetzt auf Eis legen. Bier brauen können sie mittlerweile auch woanders – insbesondere in Karlsruhe: Dort war 2018 die vom früheren Inhaber der Stuttgarter HofbräuPeter May durchregierte STINAG AG ihre siechende Hatz-Moninger Brauerei an Wolfgang Scheidtweilers Familien-Imperium losgeworden (INSIDE 805). Nach einem Markenrelaunch brummt das Geschäft dort unter Regie von Dorothee Scheidtweiler bei rund 170.000 hl. Zum 15.000 hl großen Bayerischen Brauhaus Pforzheim als Stammhaus von Andrea Scheidtweiler (aus der Konstanzer Bierdynastie Ruppaner) gesellten sich 2010 aus der damaligen Insolvenz die Eppinger Palmbräu (heute rund 40.000 hl). Hinzu kommen 20.000 hl aus der Konstanzer Ruppaner-Brauerei. Schwiegersohn Johannes Schweitzer ist Gf des von Scheidtweiler 2013 übernommen Bad Liebenzeller Mineralbrunnens. Aus der Gemünder Brauerei pumpen Dorothee Scheidtweiler und J. Schweizer aktuell rund 12.000 hl. Und dann haben die Scheidtweilers noch jede Menge Hotels, Klosterbetriebe, Immobilien im Portfolio. Nur einmal, 2020, scheiterte Scheidtweiler beim Versuch, die Pfungstädter Brauerei zu übernehmen (INSIDE 858). Ergebnis: Pfungstadt hat nun keine Brauerei mehr.
Artikel aus INSIDE 932