Der französische Wassergigant Alma will den deutschen Markt erobern.Nach Rilchinger kommen nun Rhönsprudel und ein großes Abfüllwerk in Sachsen-Anhalt dazu. Weitere Angeln sind ausgeworfen. Langfristiges Ziel von Konzernchef Baeyens: nicht weniger als die Marktführerschaft in Deutschland.
Als sich die Sources Alma SA (mit über vier Mrd Füllungen und Marken wie Cristaline, Vichy oder Thonon Volumenmarktführer in Frankreich) vor zwei Jahren über die Grenze ins Saarland aufmachte, um Karlsberg vom 10 Mio Liter kleinen Anhängsel Rilchinger Mineralbrunnen zu befreien (INSIDE 844), reagierten deutsche Brunnen-Manager noch mit wohlwollendem Lächeln. Das ist spätestens letzte Woche einem ungläubigem Staunen gewichen, als Luc Baeyens, 59, Konzernchef des französischen Wasser-Multis, seine Deutschland-Ambitionen mit einem Paukenschlag untermauert hat: Alma bzw. der deutsche Ableger Roxane GmbH schlucken Rhönsprudel mitsamt der Töchter Bad Liebenwerda und Spreequell (INSIDE-Hot Shot vom 5.7.), mit 440 Mio Litern immerhin die Nummer zehn der deutschen Brunnen. Obendrein einer der gesündesten. Aus 120 Mio Euro Umsatz schürft der geschäftsführende Gesellschafter Christian Schindel alljährlich ein EBIT von 7 Mio Euro, deutlich über Branchenschnitt.
Schindel, der vor exakt zehn Jahren nach einem Studium in Bayreuth und eineinhalb Jahren Deloitte in die Führung der von seinem Vater Egon Schindel und Opa Ernst aufgebauten Rhönsprudel-Gruppe kam, erwies sich als Glücksgriff. Jetzt macht er gemeinsam mit seiner Schwester Natalie (die im Marketing des Unternehmens arbeitet) Kasse. Der Kaufpreis ist geheim. INSIDER taxieren ihn auf rund 100 Mio Euro. Der Deal blieb unter dem Deckel, selbst Rainer Bauer, an dessen Bauer Fruchtsaft die Rhön zu 50% beteiligt ist, soll vollkommen überrascht worden sein. Ein gegenseitiges Vorkaufsrecht konnten Schindels Justiziare offenbar aushebeln.
Gelockt haben dürften Schindel aber nicht nur der Geldregen. Alma-Boss Baeyens hat ihm den Posten des Deutschland-CEOs angeboten. Call of Duty: Der 38-Jährige bekommt den Joystick für das vielleicht spannendste Spiel der Branche in die Hand gedrückt. Ego-Shooter Schindel darf mit Alma die deutsche Getränkelandschaft erobern. Als Boss der Roxane GmbH, der Deutschland-Holding, die bei Rhönsprudel angesiedelt werden soll. Die Pläne sind groß. Sehr groß.
Begleitet von externen Beratern, darunter Ex-Karlsberg-Haudegen Udo Helfgen und Schindels Berater Egon Heckmann, haben Baeyens und sein Exportchef Pascal Jankowski die Operation Allemagne ausgeschrieben. Baeyens, ein gebürtiger Belgier, kam 1994 zu Alma und trat später in die Fußstapfen von Patriarch Pierre Papillaud. Heute steht Alma für 47 Standorte in UK, Spanien, Italien, Luxemburg, USA und Italien. Am Heimatmarkt steht Alma jedoch unter politischem Druck.
Bis 2030 (in gut sieben Jahren) will Frankreich das Gesamtvolumen von Einwegflaschen halbieren. Zudem will der französische Gesetzgeber bis 2023 ein Pfandsystem nach deutschem Vorbild auf den Weg bringen.
Längst unterhält Baeyens eigene Preform- und PET-, und R-PET Werke, nach dem Vorbild MEG/Schwarz würde man gerne eigene Kreisläufe etablieren. Doch will Baeyens in Deutschland nicht nur lernen. Laut INSIDERN lautet das unbescheidene Ziel: Alma soll im regionalen Markengeschäft die Nummer Eins werden. Und die Nummer Zwei hinter MEG bei den Handelsmarken.
Dort hat Baeyens mit der Edeka einen Steigbügelhalter für Deutschland gefunden. Nach dem Bruch mit Hauslieferant Schäff benötigt der LEH-Gigant dringend einen verlässlichen Billigwasser-Lieferant. Und setzt auf Alma. INSIDER wissen: Die nächste Übernahme von Alma/Roxane ist in trockenen Tüchern: Der frühere Troy Aqua-Standort in Jessen wandert in den Besitz der Franzosen. Zusammen mit Abahmeverpflichtungen der Edeka.
Edeka-CEO Markus Mosa hatte 2016 den einige Jahre zuvor Pleite gegangenen Standort übernommen. Vorbesitzer Steven Gamble, der u.a. die Edeka belieferte, kam mit den Konditionen nicht klar. Doch Mosas Vision, eine eigene Wasserversorgung aufzuziehen analog zu Sonnländer/Elro im Saftgeschäft, zerschlugen sich. In den Edeka-Regionen ist das teure Projekt nicht mehr vermittelbar. Nun investiert Alma an dem nur einen Steinwurf vom MEG-Standort Himmelsberger gelegenen Standort. Die Wasserentnahme von 920.000 Kubikmetern ist bis 2035 genehmigt. Das reicht für jährlich mindestens 400 Mio Füllungen. Der technische Ausbau (inkl. einer in Jessen erforderlichen aufwändigen Wasseraufbereitung) obliegt dann Deutschland-CEO Schindel.
Ein zweites Roxane-Projekt im Südosten Bayerns liegt noch auf Eis. Mit den Besitzern des früheren Nestlé-Werks (Bärenmarke) nahe Mühldorf, der Familie Jostock, wurde bereits ein Joint-Venture gegründet. Ab 2024 könnte dort Mineralwasser gefüllt werden.
Zunächst aber muss Schindel Strukturen schaffen, um weitere Betriebe aufzuschalten. Durchaus auch Markenbrunnen. Die Franzosen wollen bis zu 10 weitere Brunnen kaufen, Gespräche finden zwischen Ostwestfalen und Baden-Württemberg bereits statt. Mon dieu: Der deutsche Brunnen-Markt hat einen Konsolidierer bekommen.
Artikel aus INSIDE 906