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Refresco schnappt Hansa-Heemann

Der Abfüllriese Refresco fährt seit Jahren hoch fremdfinanziert einen Wachstumskurs durch Zukäufe. Zuletzt war‘s ruhig. Mit Hansa Heemann haben die Niederländer einen Fisch an der Angel, der nicht nur mehr Menge bringt. In Deutschland merzt der Zukauf auch Refrescos schwache Marktposition bei Mineralwasser aus.  

Refresco hat Hansa-Heemann schon länger auf dem Zettel. Noch unter der Ägide von Refrescos ehemaligem Finanzchef Aart Duijzer haben die Niederländer laut INSIDERN schon mal vorsichtig, höflich und schriftlich angefragt beim Hansa-Heemann-Mehrheitsaktionär – der Familie Lange. Damals sollen die Niederländer noch nicht einmal eine Antwort von Hansa-Heemann-Gesellschafterin Ursula Lange, die bis 2021 alleinige Eigentümerin war, bekommen haben, was Duijzer durchaus irritierte. Nun ist alles anders. Bei Hansa-Heemann-Aufsichtsratschef Wolff Lange, dem auch schon über 60-jährigen Sohn von Ursula Lange, einer geborenen Jungheinrich und somit auch Mitinhaberin der gleichnamigen Gabelstapler-Firma, fand Refresco Gehör. Jetzt darf Refresco (in Deutschland als Abfüller für Fruchtgetränke und u.a. Schweppes und Pepsi gut im Geschäft, mit 270 Mio Litern bei Mineralwasser aber ein eher kleines Licht) ran an Hansa-Heemanns Werke, Marken, Mitarbeiter. Mit insgesamt 2.180 Mio Litern aus hochmodernen Anlagen an sechs Standorten steht Heemann an dritter Stelle im Ranking von Deutschlands volumenstärksten Getränkeunternehmen. Die Übernahme war streng geheim. Selbst die Führungsriege rund um CEO German Reichert, Vertriebs-Chef Volker Büttel und Technikboss Thomas Reise soll INSIDERN zufolge erst relativ kurzfristig über den Deal informiert worden sein. 

Anders als beim ersten Begehren Refrescos hat sich Hansa-Heemanns Welt in dem vergangenen Jahr drastisch geändert. Die Lieferanten von Billigmineralwasser bei Aldi & Co müssen sich auf einen Markt einstellen, der mit dem der Vergangenheit nichts mehr gemein hat. Im Gefolge von Lidl hat Aldi Markenartikel aufgenommen. Stand früher nur das Aldi-eigene Mineralwasser im Laden, finden sich nun mit Gerolsteiner und Volvic zwei nationale Marken. Hinzu kommen regionale Mineralbrunnen, die liefern. Die Mineralwasser-Eigenmarken darben. Wie berichtet (INSIDE 878) hat Aldi in seiner jüngsten Ausschreibung für die Mineralwasser-Eigenmarken die Mengen um 15% reduziert. Die einstigen Haus- und Hoflieferanten der Discounter trifft das empfindlich. Gleichzeitig sind im Zuge der PET-Diskussion hohe Investitionen in recyceltes PET nötig, auf das beispielsweise Lidl schon komplett umgestellt hat. Mehr Kosten, weniger Menge – eine ungute Mischung, die in die noch nicht veröffentlichten Bilanzen 2020 der Eigenmarken-Lieferanten tiefe Furchen zieht.

Für die Familie Lange offenbar ein Anstoß neu nachzudenken. Von Nestlé Waters wurde Fürst Bismarck übernommen. Mit Hella hat die Familie eine Mineralwassermarke, die vor allem stark bei Limonade ist. Bei Fürst Bismarck wurde in eine neue schicke Individual-Flasche und Kästen investiert. Die Preise – Aktionen zu 2,99 Euro bei Kaufland fallen immer wieder auf – sind nicht die schicks­ten und führen obendrein immer wieder zu Leergutproblemen. 

Jetzt stellt sich die Frage, ob Refresco in Deutschland ähnlich wie in UK, Italien und den Niederlanden ins Markengeschäft einsteigen will. Refresco spricht zwar auf Anfrage davon, Hansa-Heemann „in seiner Gesamtheit, einschließlich Mitarbeiter, Standorte und Marken“ zu übernehmen. INSIDER spekulieren jedoch über einen Verkauf an z.B. Hassia, Vilsa oder Franken Brunnen. Dabei hat die Marke Fürst Bismarck einen entscheidenden Makel: Die Bismarck-Familie kassiert Tantiemen. Zudem handelt es sich bei dem Betriebsgelände um Erbpacht und kann deshalb nicht als Eigentum erworben werden. 

Der Nächste bitte

Refresco wird diese Frage frühestens nach der behördlichen Genehmigung der Übernahme beantworten. Strategische Überlegungen dürften die Niederländer unter der Führung von CEO Hans Roelofs, 57, schon zuvor angestrengt haben: Um den deutschen Markt dicht zu machen – abgesehen von der aseptischen Abfüllung, wo beide Unternehmen führend sind – reicht die Akquise von Hansa-Heemann noch nicht aus. INSIDER halten es für möglich, dass Refresco mit seiner Buy-and-Build-Strategie als nächstes eine Anfrage an die knapp 1,5 Mrd Liter große Schäff-Gruppe stellt. Dann wäre Roelofs Deal richtig rund.

Allerdings kündigt sich auch Konkurrenz an. Die Groupe Alma, einer der großen europäischen PET-Mineralwasser-Abfüller, hat sich im vergangenen Jahr mit der Übernahme der Karlsberg-Tochter Rilchinger Mineralbrunnen im saarländischen Kleinbittersdorf niedergelassen und dort fett investiert. Unter der Regie von Konzernchef Luc Baeyens der neben Export-Boss Pascal Jankowski und dem von MBG geholten Eric Daubenmerkl in der Geschäftsführung der deutschen Alma-Tochter Roxane GmbH sitzt, will Alma angeblich weitere Brunnen zukaufen. Zielrichtung: Handelsmarken. Kleingeld ist vorhanden. Roxane/Alma gehört mehrheitlich dem französischen Milliardär Pierre Papillaud, der bei Forbes auf ein Vermögen von 1,2 Mrd Dollar taxiert wird.

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