Die Frühjahrs-Absätze sind katastrophal. Was für Hersteller und Handel schon bitter ist, trifft GFGH und Streckenlogistiker besonders hart: Die Kapazitäten laufen schon auf Sommer, sie müssen die gewohnten Mengen vorhalten – bleiben dann aber auf der Ware sitzen und fahren mit schlecht ausgelasteten LKWs.
Die Gedat-Zahlen sprechen eine klare Sprache: Im Februar 2023 wurden im Außer-Haus-Markt 8,4% mehr Objekte beliefert als im Vorjahresmonat. Der Absatz allerdings ist nicht mitgestiegen. Beispiel Bier: Das Statistische Bundesamt weist Febrauar einen Inlandsabsatz von -3,4% zu Vorjahr aus. Ähnlich wie für die Gastro, die im Februar 2023 16,3% unter 2019 lag, gilt das auch für den Handel und damit für die Streckenlogistiker – und deren Stoppzahlen. Im absatzmäßig schwachen März und dem laut INSIDERN geradezu desaströsen April (S. 3) verschärft sich diese Situation nochmals.
Ein Verantwortlicher eines großen Getränkelogistikers bestätigt gegenüber INSIDE die schwierige Lage: „Die Stopps sind aktuell schon auf Frühjahr/Sommer eingestellt, es sind damit deutlich mehr als im Winter. Unter dem Strich haben wir nun also durch die geringeren Stoppmengen weniger auf dem einzelnen LKW drauf, lasten unsere Kapazitäten nicht aus.“ Zu den angesprochenen Kapazitäten, die vorgehalten werden, zählt auch das Personal. Kommissionierer, Fahrer, Sortierer – sie alle müssen bezahlt werden, würden aber teils gar nicht gebraucht.
Kurzfristig ist keine Lösung in Sicht – wie entwickeln sich die Absätze?
Eine schnelle Lösung gibt es offenbar kaum, denn: Ziehen Wetter und damit womöglich die Absätze an, wird das Personal eben doch benötigt. Wer jetzt kurzfristig Mitarbeiter abbaut und demnächst wieder welche einstellen will, dürfte bei der Suche leer ausgehen. Die Logistikpreise ad hoc zu erhöhen, ist laut INSIDERN ebenfalls eher Wunschdenken: Der GFGH habe mit dem Handel gerade harte Preisrunden durch – die Erfolgsaussichten dürften mager sein. Deshalb laufen nun mit Hochdruck Gespräche zwischen Logistikern und GFGH auf der einen und dem LEH auf der anderen Seite.
Die große Frage: Handelt es sich um ein kurzfristiges Absatzloch oder muss die gesamte Jahresplanung angepasst werden? Ein INSIDER sagt: „Neben dem Wetter können es nämlich sehr wohl weitere Faktoren sein – die Preiserhöhungen und auch die Zurückhaltung bei Aktionen.“ Klar ist: Wenn der LEH signalisiert, dass eine längere Durststrecke droht, müssen Kapazitäten abgebaut werden.
Abnahmegarantien für den Handel als mittelfristige Risikominimierung?
Doch damit ist es aus Sicht der Logistiker nicht getan: Einer kündigt gegenüber INSIDE ein strukturelles Umdenken an. Es könne nicht sein, dass man für den LEH Mengen vorhalte, die dann nicht abgerufen würden und man mit dem Problem allein dastehe. Der Verantwortliche sagt: „Das ist wie 100 Essen für eine Feier bestellen und dem Caterer fünf Minuten vorher sagen, dass doch nur 30 Leute gekommen sind. Auf so etwas lässt sich keiner ein – außer dem GFGH.“ Lösung aus seiner Sicht: Abnahmegarantien für den Handel. Die seien zwar nicht sofort zu erreichen, aber definitiv Teil der nächsten Verhandlungsrunden: „Diese müssten quartalsweise, je nach aktueller Absatzlage, festgelegt werden.“
Fachgroßhändler können der aktuellen Delle, nicht ohne Zynismus, zumindest ein Gutes abgewinnen. Von einem heißt es: „Wenn wir jetzt voll zu tun hätten, würden viele Betriebe baden gehen, gerade im Fahrerbereich bekommt man einfach niemanden mehr.“ Schon jetzt müssten teilweise Veranstaltungen abgesagt und Kunden abgegeben beziehungsweise Neukunden abgelehnt werden. Die schwachen Absätze und schwindenden Margen täten weh, seien aber nur der bittere Vorgeschmack für einen von verschärften Personalsorgen geprägten Sommer: „Es ist für uns das Luftholen vor dem großen Knall.“
Artikel aus INSIDE 925