Nachdem beim Oettinger-Werk in Gotha alles so kam wie von INSIDE angekündigt, muss sich jetzt zeigen, was Paulaner mit der 1,8 Mio hl Kapazität großen Fabrik vorhat. Zum Beispiel, ob dort weiterhin Bier gebraut wird.
ie beiden Parteien machten es spannend. Noch vorletzten Freitag, kurz vor der lange zuvor fixierten Deadline am Samstag, gingen sehr widersprüchliche Signale heraus. Am Ende kam es dann doch so, wie INSIDE 912 es wenige Tage zuvor akkurat beschrieben hatte. Für einen mutmaßlich hohen siebenstelligen Betrag kauft Paulaner das Oettinger-Werk Gotha. Hohe Rückstellungen für Abfindungen – die Rede war laut INSIDERN von bis zu 14 Mio Euro – werden damit wohl obsolet, das freut die Banken.
Wenige Tage vor Unterschrift unter den Kaufvertrag notierte die Oettinger Brauerei GmbH kurzerhand noch eine Markenanmeldung für „St. Gothardus Gothaer Premium-Bier aus Thüringen“. Der Rückschluss, dass die Marke dann an Paulaner fällt und die Münchner in Thüringen ins regionale Markengeschäft einsteigen, wäre verfrüht. In Gotha lief Gothaer Bier bis 2009 durch die Flaschenabfüllung; die Marke erwies sich dann aber als historisch derart angeschlagen, dass sie die letzten Jahre nur noch ein trauriges Dasein als Fassbier für diverse Stadtfeste fristete.
Der Standort wird von Paulaner vor allem für Spezi gebraucht, das 2022 auf eine Mio hl zusteuert. Nachdem in Gotha bis 2014/15 diverse Glorietta-Sorten produziert wurden, gibt es dort einen Tunnelpasteur und weitere AfG-Maschinen. Allerdings hatte Oettinger-Chefin Pia Kollmar im Juni (als sie die Schließung des Werkes Gotha verkündete – INSIDE 904) noch erwogen, die bislang als reine Export-Füllmaschine genutze Dosenanlage ins Oettinger-Werk in Mönchengladbach zu transferieren. Der Export bei Oettinger brummt, vor allem 5.0 entwickelt sich prächtig. Doch auch Paulaner braucht für Spezi eine solche Anlage. Sie wird dem Vernehmen nach in Gotha bleiben.
In Gotha verweilen soll wohl erstmal auch der Thüringer Teil der Oettinger Export-Abteilung. Die Expertise der langjährigen Mitarbeiter dort ist für Oettingen so schnell nicht zu ersetzen. Eine Rampe für Oettinger wird es nach der Übernahme des Werkes durch Paulaner hingegen nicht mehr geben. Wie berichtet (INSIDE 909) stellt die 2021 noch knapp vier Mio hl Marke große Braugruppe per Jahresende ihre Eigenlogistik in den neuen Bundesländern, in Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und dem nördlichen Niedersachen ein – im Fall der Fälle bis auf die Belieferung diverser Zentralläger. Oettingen folgt auch hier dem Kurs der harten Kalkulation. Die für 1.2 2023 avisierte Preiserhöhung von 7 bis 12 Euro/hl (siehe Seite 15) wird so gesehen sportlich – für alle Beteiligten.
Artikel aus INSIDE 913