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#924

Zeitenwende bei Paulaner: Und nun?

Daten für die Insel

Der mehrheitliche Einstieg der Markant Gruppe beim Kölner GDSN-Datenanbieter Bayard sorgt am Stammdatenmarkt für Unruhe. Die GS1-Tochter Atrify empfiehlt Industriekunden seit neuem ausdrücklich ein Datenmodell, mit dem „geprüfte Empfänger“ bedient werden – aber eben auch nur diese. Was bleibt von der Vision eines einheitlichen, für jeden verfügbaren GDSN-Datensatzes?

2021 wurde die bis dato ziemlich gut genährte hundertprozentige GS1-Tochter Atrify erstmals auf Diät gesetzt: Ausgerechnet Björn Bayard, damals 51, der maßgeblich am Aufbau der Atrify-Vorgängerin SA2 Worldsync beteiligt war, akquirierte mit einem eigenen GDSN-Datenpool erste Großkunden – Schlumberger, Ottakringer, die Radeberger Gruppe, Lidl/Kaufland u.v.m. Bayard punktete mit einem vergleichsweise transparenten Preismodell – falls man, so der delikate Claim, über „einen Wechsel von Ihrem aktuellen Datenpool zu unserem GDSN Datenpool b-synced“ nachdachte (INSIDE 873). Mittlerweile haben darüber aber nicht nur Kunden nachgedacht, sondern auch die Markant Gruppe mit einem Verrechnungsumsatz von 58 Mrd Euro pro Jahr und nach eigenen Angaben rund 200 angeschlossenen Groß- und Einzelhändlern. Man wolle, hieß es nach rückwirkend zum 1. Januar 2023 vollzogenen mehrheitlichen Einstieg bei Bayard, zusammen mit Bayard Cloud-basierte PIM-Lösungen und „weiterführende Beratungsleistungen“ anbieten.

Kaum anzunehmen, dass die Markant Bayards GS1-zertifizierten GDSN-Datenpool b-synced links liegen lässt.

Es ensteht eine delikate Konstellation: Bislang bedient sich Markant wie Rewe, Edeka und viele andere große Handelshäuser beim GDSN-Datenpool der Atrify, deren Konzernmutter GS1 Germany zu 50% dem Markenverband und zu 50% dem EHI Retail Institute als Vertreterin des Einzelhandels gehört (was auch dazu führte, dass jahrelang niemand, der mit Rewe & Co. Geschäfte machen wollte, an Atrify vorbeikam). Zufall oder nicht: Ausgerechnet jetzt veröffentlicht Atrify ein neues Stammdaten-Geschäftsmodell, das eine „neue Funktion“ priorisiert: den Versand von Stammdaten an eine „intelligentere Zielgruppe für Ihre Veröffentlichungen“, ergo: an einen ausgewählten Kreis von Händlern.

Intern wirbt Atrify mit einem dreistufigen Modell, das schon andeutet, wohin der Wind weht. Bei Modell 1 erreicht der Kunde nur die Rewe und einen weiteren Empfänger (also zum Beispiel die Edeka). Dabei handelt es sich wohl um die günstigste Variante, alldieweil weitere Empfänger hinzu gebucht werden können. Modell 3 wiederum deckt den „Deutschen Zielmarkt“ ab. Es entspricht im Wesentlichen dem Konstrukt allgemein zugänglicher GDSN-Daten.

Pikant: Ausdrücklich empfohlen wird von Atrify das neue Modell 2. Es verspricht „mehr als 400 geprüfte Empfänger“ in Deutschland und wendet sich laut INSIDERN vor allem an mittelständische Kunden.

Diese erhalten damit „volle Transparenz über die Empfänger Ihrer Daten“ – erstaunlich für einen Anbieter, dessen Konzernmutter per Definition für den Austausch von Daten im weltweiten GSDN-Netzwerk mitverantwortlich ist und dafür sorgen soll, dass die global derzeit 52 Datenpools entsprechend versorgt werden. Schottet Atrify (die laut Bundesanzeiger in 2020 rund 1,7 Mio Euro Jahresfehlbetrag erwirtschaftete und auf einem Bilanzverlust von 13,76 Mio Euro saß) damit, wie Kritiker behaupten, Daten seiner Kunden vom frei zugänglichen Wettbewerb ab?

Ganz so neu ist das Geschäftsmodell aber auch wieder nicht. Auch die mit einem veritablen Gesellschafterkreis (von AB Inbev über Radeberger bis zu Eckes-Granini) ausgestattete Datensammlerin Gedat trommelt für ihre Stammdatensammlung GetItem mit GDSN-Daten, die bis vor kurzem pikanterweise von Atrify bezogen wurden (die Trennung erfolgte unter Störgeräuschen). Seit vergangenem Jahr kooperiert die Gedat mit dem Datenpool protec der Firma Systrion. In offiziellen Kundenpublikationen wirbt die Gedat für GetItem (Pilotkunden u.a. Gesellschaftsbrauerei Viechtach, Hachenburger) u.a. mit dem Claim, die für „die Getränkebranche relevanten und vorhandenen GDSN-Daten (rund 170 Attribute) werden übernommen“ und ein Artikelimport sei auch „ohne GDSNTeilnahme möglich“. Wie Atrify bietet auch die Gedat kompletten Export ins GDSN an. Muss aber nicht.

Artikel aus INSIDE 924