Der Abfüll-und Fruchtsaft-Bolide Refresco muss bei seiner Neuerwerbung keine Rücksicht auf das Management nehmen. Der gesamte Hansa-Heemann-Vorstand hat das Mandat niedergelegt (INSIDE-Hot Shot vom 4.2.).
Anfang des Monats konnte Refresco Vollzug melden. Nach Genehmigung der Kartellbehörden wandert Deutschlands drittgrößter Getränke-Abfüller Hansa-Heemann unter das Dach von Refresco. Der auf eine Buy-and-Build-Strategie ausgerichtete, hoch fremdfinanzierte Konzern (12 Mrd Liter, 4 Mrd Euro Umsatz, 20 Mio Euro Verlust p.a.) will das hanseatisch sachlich geprägte Unternehmen (2 Mrd Liter, 320 Mio Euro Umsatz, 11 Mio Euro Gewinn p.a.) nun schnell integrieren.
Ohne den Vorstand vor Ort. Der hat mit Wirkung zum 31. Januar sein Mandat niedergelegt. Marketing- und Vertriebsvorstand Volker Büttel scheidet aus. Technik-Vorstand Thomas Reise wird zum „Director Engineering & Continuos Improvement“ bei Refresco umfunktioniert, Vorstandschef German Reichert entschwindet in den Aufsichtsrat. Wohl nicht für allzu lang. INSIDER vermuten, dass Wettbewerber längst die Fühler nach ihm ausgestreckt haben. Der 56-Jährige hatte Hansa-Heemann in seinen 21 Jahren zu einem soliden Handelsmarken-Lieferanten aufgebaut, gleichzeitig mit Hella und der 2018 übernommenen Fürst-Bismarck Quelle das Markengeschäft auf über 300 Mio Liter geschoben. Die Refresco-Welt wollte er sich offenbar nicht mehr antun.
Remote-Management
Der als Abfüller u.a. für Coca-Cola und PepsiCo tätige Refresco-Konzern mit Sitz in Rotterdam (derzeit mehrheitlich im Besitz der französischen Private Equity-Gesellschaft PAI Capital Partners) hat angekündigt, die Rellinger Zentrale zu erhalten. Hansa-Heemanns sechs Produktionsbetriebe (die durch einige Rückgänge im PET-Einweggeschäft nach Auslastung dürsten) werden in das Refresco-Netz eingebaut. Refresco Deutschland ist am Standort Erftstadt (vormals SDI, May-Werke) auch mit rund 250 Mio Litern Mineralwasser aktiv, zu gelegentlich irrationalen Konditionen. Die Führung der deutschen Einheit obliegt dem Deutschland-Büro in Mönchengladbach. Von dort aus soll Hansa-Heemann ferngesteuert werden.
Deutschland-Chef Till Alvermann fungiert nun auch als Vorstandschef in Rellingen. Sein erst vor einem halben Jahr gekommener Finanzchef Antoine Bordewin übernimmt als Finanzvorstand in Rellingen nun ebenfalls eine Doppelfunktion. Für Marketing- und Vertrieb wird es keinen direkten Nachfolger für Büttel geben. Für den Vertrieb der deutschen Marken sei (so heißt es aus Rotterdam) künftig der neue Commercial Director zuständig. Sein Name ist im deutschen (Bier-)Markt nicht unbekannt. Peter Kopietz war fünf Jahre Geschäftsführer von Heineken Deutschland, wurde vor zwei Jahren zur Heineken-Tochter Zagorka nach Bulgarien versetzt, schied dort aber im letzten Herbst aus (INSIDE 886). Er soll nun u.a. die norddeutschen Regionalmarken Hella und Fürst Bismarck steuern.
Artikel aus INSIDE 895