Tankbier verspricht für Wirt, GFGH und Brauerei viele Vorteile. Doch in Deutschland hat es sich bislang in der Gastro nicht durchsetzen können. Nun kommt wieder Bewegung in die Sache. Gelingt diesmal der Durchbruch?
Anfang der 80er Jahre führte der damalige Hektomillionär Dinkelacker das Tankbiersystem Bier-Drive ein (INSIDE 53). Später setzte Brau & Brunnen in Berlin und Dortmund auf Bier-Drive. Richtig aus dem Quark kam es nie. Vierzig Jahre später wird das Thema wieder heiß und kontrovers diskutiert. Krombachers Gastro-Boss Manuel Schulz hat intern das Potenzial für Tankbier auf 100.000 hl beziffert. Schulz darf Ahnung attestiert werden. Früher war er bei Pilsner Urquell – die Tschechen setzen schon seit zehn Jahren in der Gastro auf „Tankovna“, also Tankbier. Doch offenbar auf den falschen Partner: Tankbeer Germany, eine 100%-Tochter der niederländischen Tankbeer International B.V., ist im Frühjahr insolvent gegangen.
Die Lücke füllen andere. Das junge Unternehmen Tankbier Deutschland von Ex-Veltins/WGL-Mann Jörg Stratmann etwa. Kürzlich hat die Cölner Hofbräu Früh zwei Objekte auf Stratmann-Tanks (je 10 hl) umgestellt. Auch Krombacher soll Stratmann an der Angel haben. Tankbier Deutschland tritt dabei als Spediteur mit eigenen Tankwagen auf. Fakturierung und Bestellung kann weiter über den GFGH laufen.
In Köln setzt auch Gaffel seit vielen Jahren in ausgewählten Gastrobetrieben auf Tankbier. Die Kellertanks werden dabei allerdings von eigenen, speziell angefertigten Brauereifahrzeugen befüllt. Die Fakturierung erfolgt dennoch über den GFGH wie etwa Fako-M oder Trinkkontor. Auch die Bitburger-Tochter Trinkkontor denkt über eigene Tankbier-Lösungen für die Gastronomie nach. Als Partner steht die Bochumer FIB Beer Systems, eine Tochter der niederländischen FIB Beer Systems B.V., in der Eifel hoch im Kurs. Pluspunkt: FIB bietet die Möglichkeit, eigene LKWs mit platzsparenden Tanks zu bestücken (siehe Foto), sodass der GFGH weiterhin Bierbelieferung an die Gastro in den eigenen Reihen hält. FIB rechnet die Einsparungen für ein Objekt mit 150 hl/ Jahr auf über 4.000 Euro hoch. Vor allem aber braucht man für Tankbier kein Personal zum Schleppen.
Blaupause Holland
Bei Warsteiner und Veltins wurden laut INSIDERN bereits Vorkehrungen getroffen, um Tankbierfahrzeuge an der Brauerei befüllen zu können. Bei Events und Festen hat man Erfahrung. In der Veltins Arena fließt das Pils aus insgesamt 52x10 hl Tanks. Auch in der Düsseldorfer Esprit Arena sind 32x10 hl Tanks von der niederländischen Firma Duotank verbaut. Dass so viele Anbieter aus dem Nachbarland kommen, ist kein Zufall. Dort ist Tankbier sehr populär, ein INSIDER beziffert das Verhältnis von Fass- zu Tankbier auf 30:70. In Deutschland ist Tankbier abgesehen von Großveranstaltungen, die meist über große Speditionen wie Minor oder Torwesten beliefert werden, ein Nischenprodukt.
Tankbier kommt gekühlt von der Brauerei, spart Platz und Strom und benötigt kein zusätzliches CO2. Das Bier wird in einen Kunststoffsack (Inlay) gefüllt und allein durch Druckluft, die zwischen Tankhülle und Inlay gepumpt wird, in die Zapfanlage gedrückt. Der Schankverlust ist geringer als bei Fässern.
Doch sind die Kernprobleme aus der alten Bier Drive-Zeit nicht gelöst: Tankbier erfordert eine aufwendige Tourenplanung. Puffermöglichkeiten fehlen. Neben hohen Anschaffungskosten muss der Wirt jedes Mal liquide genug sein, um die großen Mengen an Bier (Tanks gibt es in der Regel in den Größen 250, 500 und 1.000 Liter) bezahlen zu können. Und ein Wechsel zu einer anderen Brauerei ist nur noch möglich, wenn die ebenfalls Tanks (im gleichen System) verwendet.
Artikel aus INSIDE 941