Beim Bamberger Anlagenbauer Kaspar-Schulz zieht sich Inhaber Johann Schulz-Hess aus der Geschäftsführung zurück. Die Komplexität des mittlerweile zu einem kleinen Konzern gewachsenen Familienunternehmens erfordert neue Strukturen.
Seit der Übernahme der operativen Führung durch Johannes Schulz-Hess vor 15 Jahren hatte der Anlagenbauer aus Bamberg ein atemberaubendes Wachstum hingelegt. Aus 82 Mitarbeitern wurden 385, aus einem Betrieb wurden vier. Die interne Struktur wuchs aber offenbar nicht im gleichen Ausmaß. „Organisatorisch für eine operative und nachhaltige Entlastung zu sorgen, ist mir über die Jahre leider nicht gelungen“, teilte der Inhaber unlängst in einem sehr deutlichen internen Schreiben an die Belegschaft mit, das INSIDE vorliegt. Er werde sich jetzt aus der Gf zurückziehen, „um für das Unternehmen und die ganze Schulz Markenfamilie noch besser stärken-orientiert arbeiten zu können“.
2016 erwarben die Bamberger den Geschäftsbetrieb der Hinke Gruppe in Oberösterreich und holten zusätzliches Know-how im Behälterbau. 2018 schalteten sie mit der Übernahme von Künzel im fränkischen Mainleus Kompetenzen beim Malzhandling in der Brauerei auf. Mitte 2020 dann verkaufte die Bauer AG ihr Töchterchen Esau&Hueber an die Franken, hübsch verkauft als Kooperation mit einem „neuen und strategischen Partner, der das eigene Portfolio vor allem im Brauerei- und Pharmabereich ideal ergänzt“ (INSIDE 853). Um die Sudhausbau-Kernkompetenz der Bamberger - war Esau&Hueber allerdings schnell entkernt; interessiert waren die Franken vor allem an den Anlagen für Kaltbereiche und Belüftung.
Spurlos konnte diese Offensive an Kaspar Schulz nicht vorübergehen. Gebeutelt von der anfänglichen Investitionszurückhaltung der Kunden nach Ausbruch der Corona-Krise bilanzierte das Haus 2020 laut Bundesanzeiger einen Jahresfehlbetrag von 2,29 Mio Euro, der Stammkapital und Gewinnvortrag überstieg und für eine „buchmäßige Überschuldung“ des Unternehmens sorgte – abgefedert durch eine „harte Patronatserklärung des Alleingesellschafters Herrn Johannes Schulz-Hess über EUR T-EUR 1.000“. Die Corona-Krise traf seinerzeit allerdings auch andere Anlagenbauer brutal; Krones beispielsweise verlor 2020 16% Umsatz gegenüber 2019 und rutschte beim Konzernergebnis mit knapp 80 Mio Euro dick ins Minus. Bei Kaspar Schulz brach das Rohergebnis rund 27% ein.
Er wolle „meinen persönlichen Verantwortungsbereich im Unternehmen verändern“, teilte Johannes Schulz-Hess jetzt mit. Denn „dauerhaft werde ich meinen Tätigkeiten weder für Sie zufriedenstellend nachkommen noch diesen Zustand persönlich länger durchhalten können“. Die „Unplanbarkeit der vergangenen beiden Krisenjahre hat dabei sicherlich auch Spuren hinterlassen.“ Wer zum 1. Oktober neuer Geschäftsführer bei Kaspar Schulz wird, ist noch nicht bekannt. Beim fränkischen Anlagenbauer sieht man sich nach den belastenden Jahren der Corona-Krise aber gewappnet; die Kunden bestellen wieder, das Geschäft brummt. Bereits im Geschäftsbericht für 2020 wird prognostiziert, man gehe davon aus, „zum 31.12.2021 wieder ein angemessenes positives Eigenkapital darstellen zu können.“ Zudem plant Kaspar Schulz laut INSIDERN mit der neu gegründeten Bierfreaks GmbH den Einstieg ins Homebrewing-Geschäft. An Bord sind Stand heute neben JSH auch der BarthHaas-Gf Oliver Bergner und Weissman Institut-Gf Michael Pellny.
Artikel aus INSIDE 906