Zwischenhoch. Wer hätte das gedacht: Ausgerechnet Warsteiner, seit 25 Jahren im beinahe pausenlosen Sinkflug, führt das Gewinnerranking der Hitliste an. INSIDER bleiben freilich skeptisch, das Hoch ist trügerisch, fußt neben Fassbier-Rückgewinnen vor allem auf der ausgelassenen Preisererhöhung im Frühjahr. Nach zwei schwierigen Corona-Jahren mit massiven Verlusten tut das ungewohnte Plus der neuformierten Warsteiner-Mannschaft gleichwohl spürbar gut. Warsteiner ist mit einem Absatzplus von 9,2% besser als der Markt (per Ende November +4,7%) gewachsen. Exportchef Oliver Jansch verkaufte 7,2% mehr als Im Vorjahr ins Ausland (506.000 hl). Dabei konnte der Wegfall des Geschäfts in Russland und der Ukraine durch eine steigende Nachfrage in den Märkten China, Frankreich, Italien und USA mehr als kompensiert werden.
Im Inland stehen sogar + 9,9%. Damit konnte der Ausstoß der in den Neunzigern einmal 6 Mio hl großen Marke wieder über 2 Mio hl gehoben werden. Für Gastro-Boss André Hilmer war 2022 versöhnlich. Die Fasshektos legten um 63,8% auf rund 288.000 zu. Auch konnten neue Gastronomieobjekte hinzugewonnen werden. Besonders erleichtert ist man in Warstein, dass im Handel endlich mal wieder Boden gut gemacht wurde. Die Flaschenabsätze stiegen um 1,5% auf rund 1.386.000 hl. Der neue Handelschef Marco Schulze profitierte von der Preiserhöhung der Konkurrenz, die sich im zweiten Halbjahr bemerkbar machte. Am 1. Februar 23 klettern nun auch in Warstein die Rampenpreise für Flaschenbier um 6,70 Euro/hl. Allerdings erhöhen auch die Konkurrenten wieder, sodass der alte Preisabstand erhalten bleibt. Die mengenträchtigen 9,99 Euro-Angebote dürften dennoch Vergangenheit sein. Dann wird sich zeigen, ob die Marke sich tatsächlich in die richtige Richtung entwickelt.
2022 war in Warstein ein Jahr des Umbruchs. Personell wurde an vielen Stellschrauben gedreht, die alten Roland Berger-Zöpfe endgültig abgeschnitten. Im Februar übernahm Team Beverage-Mann Uwe Albershardt das Vertriebszepter. Mit Adriano Leo (Business Development Direktor) und Volker Schnocks (Direktor Vertrieb & Marketing) zog er später zwei Vertraute nach. Marco Schulze konnte vom Konkurrenten Krombacher abgeworben werden. Auch in der Technik wurde umgerüstet. Seit November ist dort Jens Hoffmann als Geschäftsführer verantwortlich. Der langjährige Chef-Braumeister von AB Inbev ersetzt Ulrich Brendel, der nach knapp 30 Jahren Warsteiner das Feld räumte. Mit Dr. Sascha Wunderlich kam zudem ein neuer Technischer Direktor von Störtebeker.
Und auch an neuen Geschäftsfeldern und Kooperationen wurde fleißig gebastelt. So gründete Warsteiner die Boxx Intermodal Logistics, mit der der eigene Gleisanschluss besser ausgelastet werden soll. Mit Karlsberg hat Warsteiner zudem eine eigene Einkaufsgesellschaft gegründet, die Brunnen, Brauern und Saftunternehmen offen stehen soll. Nebenbei investierte Inhaberin Catharina Cramer in neues Speilzeug wie die Minderheitsbeteiligung bei der irischen Rye River Brewing Company und ganz frisch in das Functional Water Hye, das von Ex-Spielerfrau und Influencerin Cathy Hummels mitgegründet wurde. Warsteiner steigt mit 25,1% ein, soll das Wässerchen vertrieblich unterstützen. Für die Gastronomie schloss Warsteiner außerdem im vergangenen Jahr eine Vertriebskooperation mit BrewDog. Der Optimismus von Catharina und ihrem CEO und Restrukturierer Helmut Hörz ist unerschütterlich. Die Werbespendings für Warsteiner wurden laut Marktforschung bis Ende September auf 13,7 Mio Euro erhöht, nach 10,7 Mio Euro im Gesamtjahr 2021. Im kommenden Jahr soll es eine neue Kampagne geben.
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Artikel aus INSIDE-Marken-Hitliste 2022