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Voll ins Leere

Die Handhabung von Stammdaten in der deutschen Getränkewirtschaft ist restlos antiquiert. Nächste Woche wagt die VLB Berlin einen Vorstoß. Wie so oft müssten sich Industrie und Handel nur mal einig werden.

Wer sich dieser Tage bei den Key-Playern von Industrie und Handel nach dem Stammdaten-Management der Getränkebranche erkundigt, muss erst versichern, keine Namen zu nennen. Dann wird losgeledert, was das Zeug hält. „Chaos“, „Peinlichkeit“, „ein Schande“. Arzneimittel? Klare Artikelkennung. Bücher und Zeitschriften? ISBN-Nummern, alles sauber durchorganisiert. Nur die deutsche Getränkebranche – Fehlanzeige. Ein Kasten Bier 20x0,5 Liter einer bestimmten Marke hat beim Händler A die Artikelnummer 222, beim nächsten 871. Beim übernächsten 453. Eine deutsche Braugruppe eruiert jeweils Montag Vormittag per Mail den Leergutbestand bei Fachgroßhändlern und Spediteuren. Bei der Rewe wurde neulich eine (!) Flasche einer Biermarke geliefert, obwohl eine Palette geordert war. Gleiche Artikelnummer.

„Wir brauchen einen Datenpool, der allen zu gleichen Teilen zur Verfügung steht“

Schimpf und Schande. Atrify, die kommerzielle Tochter von GS1, verfügt mittlerweile über einen veritbalen Datenbestand, gilt aber als verlängerter Arm von Edeka und Rewe – weswegen alle Anderen von Kaufland über Netto bis Aldi noch immer auf bilateralen Datenaustausch setzen. Fassbierabfüller und Gastro-Belieferer verspüren wenig Drang, den beiden Marktführern via Atrify Details zukommen zu lassen, ebenso finden sich dort kaum Bügelflaschen-Artikel. Team Beverage beschäftigt viele Menschen, die Daten händisch eintragen, ebenso Kollex, das muntere Bitburger-Coke-Krombacher-Experiment, das damit vor allem in der Startphase viel Geld verbrannt haben muss. Angeblich wurde bei Kollex sogar mal eigens eine Kamera angeschafft, weil es sonst keine Produktfotos gab.

Auch die GES zimmert sich einen eigenen Datenpool, Arbeitstitel GPM, den die Industrie pflegen soll (INSIDE 849). Noch anders die Gedat, historisch immerhin schon akkurat mit dem GFGH und seiner Vielzahl elektronischer Systeme (von Museum bis Zukunft) verknüpft. GetITEM zieht Vollgut-Stammdaten aus Atrify und stellt sie dem Handel (und u.a. der Gefako) zur Verfügung. Bis die Hersteller bei GetITEM selbst Hand anlegen und Daten einpflegen (Stichwort Fassbier), kann aber noch Zeit vergehen. Auch wenn der langjährige Radeberger-Mann Dirk Reinsberg, Chef des Bundesverbandes GFGH, als Sprecher des bei der Gedat neu gegründeten Stakeholder-Beirats unverdrossen die Werbetrommel rührt. Reinsberg sagt: „Wir brauchen einen Datenpool, der allen Herstellern und dem ganzen Handel zu gleichen Bedingungen zur Verfügung steht.“ Klingt gut, kann aber dauern. Immerhin verfügt die Gedat mit ihrem veritablen Gesellschafterkreis - von AB Inbev bis Eckes-Granini - über ausreichend kritische Masse, die es nun zu aktivieren gilt.

Beim Thema Leergut ist die VLB am Zug

Beschleunigung im Teilbereich Leergut könnte nun von der produktneutralen VLB Berlin kommen. Deren Gf Dr. Josef Fontaine hatte schon 2019 bei einer Logicircle-Veranstaltung in Nürnberg und beim Get.In.-Kongress in Frankfurt eine Stammdaten-Lösung versprochen, als klar wurde, dass die Politik dem munteren Individualisierungs- und Datenchaos im Mehrwegbereich nicht ewig zusehen würde. Mittlerweile kommen von der VLB ermutigende Signale. Wie es heißt, soll der vom Arbeitskreis Logistik (Vorsitzender: Thomas Lekar, Paulaner, Vize: Stefan Braß, Bitburger) beauftragte VLB-Digitalisierungs-Spezialist Ingo Pankoke zum VLB Logistik-Kongress kommende Woche in Leipzig ein Tableau an Leergutstammdaten ausbreiten. Darin: die Stammdaten von rund 35 Einheits-Poolflaschen mit individuellen GTINs (die von Logipack zur Verfügung gestellt wurden). Leergutströme ließen sich damit viel besser lenken als bisher. Kleine Hürde: Brauer und AfG-Abfüller müssen in der Breite mitziehen.

Wie schmal so eine Breite in Sachen Pool allerdings schnell werden kann, hat sich die vergangenen Wochen am Beispiel GeMeMa vs. MPB gezeigt (siehe Seite 9). Nichts ist so uneins wie die vielgepriesene Einigkeit, und auch das Berliner Umweltbundesamt hat offenbar noch nicht alle Fraktionen auf dem Schirm. Zuletzt hieß es dort mit Blick auf die Mehrwegquote, es sei „besonders zu begrüßen, dass sich vier Großbrauereien zur Einführung eines neuen gemeinsamen Flaschenpools mit einer 0,33-Liter-Longneck-Flaschen entschlossen haben.“   

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