Die beiden VLB-Tagungen für Brautechnologen und Logistiker nutzte die Stralsunder Störtebeker-Brauerei zu einer Ankündigung in eigener Sache.
Dass Bräu Jürgen Nordmann und sein Innovations-Manager Jens Reineke womöglich anders ticken als der Großteil der Braubranche, war den meisten klar, bevor sie nach Stralsund pilgerten. Doch mussten viele erst mal schlucken, als Nordmann und Reineke die geplante Transformation der rund 350.000 hl Bier großen Brauerei zu einem Nahrungsmittelhersteller verkündeten. Sie wollen mit ihrer Eat Beer Biotech GmbH und im Verbund eines regionalen Malt Fungi Protein-Bündnisses (in Zusammenarbeit mit Hochschulen) Treber wieder aufbereiten und als alternatives Lebensmittel der Nahrungsmittelindustrie zur Verfügung stellen. Der sehr großzügig dimensionierte Neubau der Brauerei (Kapazität: gut 600.000 hl) wird bereits auf das neue Produkt ausgerichtet.
Nordmann, der kürzlich die restlichen Minderheitsanteile seines GFGH Beckröge von AB Inbev übernahm (INSIDE 914), will den aus Treber gewonnenen neuen Grundstoff nicht nur an Foodhersteller, sondern auch an die weiterverarbeitende Gastronomie verkaufen. Die Reaktionen unter den angereisten Brau-Technikern fielen interessiert bis verhalten aus. Können Bierbrauer wirklich an den Megatrends Veganismus und alternative Ernährung partizipieren?
Während die einen in Stralsund noch mögliche Investitionsfelder ausleuchteten, ging es in der anschließenden VLB Logistiktagung naturgemäß eher um Kostenvermeidung. Dazu lastet auf der Branche der Mangel an Fahrern und Kommissionierern. Und als ob es nie die vergangenen zehn Sommer gegeben hätte, wird von den Logistikern jetzt wieder Leergutmangel angekündigt. Brunnen und Brauereien melden schon seit Wochen erste Engpässe. Trotz rückläufiger Mengen im Handel stockt der Rückfluss, nicht nur weil die Aktions-getriebenen Verbraucher mehr Ware einlagern, auch weil die Getränkelogistik und -sortierung hinterherhinkt. Mittlerweile munitioniert sich der LEH selbst, die Edeka Südbayern investiert 250 Mio Euro in zwei zentrale Mehrweg-Läger mit Sortierzentren (beauftragt ist der österreichische Generalunternehmer Knapp) im niederbayerischen Wallersdorf und in Landsberg am Lech.
Dass die lange Zeit ein wenig stiefmütterlich behandelte RFID-Technik bei der Digitalisierung des Leergutbestandes nun doch langsam Fahrt aufnimmt, wird derzeit bei einem neuen Projekt der VLB zusammen mit dem RFID-Spezialisten Wilms deutlich. Mehr Transparenz, schnellerer Workflow. Und wie so vieles doch noch am Anfang..
Artikel aus INSIDE 922