Der vor drei Jahren als Erneuerer angetretene Chef des Strecken-Marktführers ist über Bord gegangen. Ist in der auf reibungslose Effizienz getrimmten Mehrweg-Logistik schlicht kein Platz für Visionen?
Michael Stadlmann, zuvor beim Pharmalogistiker Trans-O-Flex und bei der Österreichischen Post, sollte die 1,5 Mrd Umsatz große Trinks für die Zukunft ausrichten. So lautete im Mai 2019 die Zielsetzung der Gesellschafter Krombacher, Bitburger, Warsteiner und ihres damaligen Trinks-Beiratsvorsitzenden Bernhard Schadeberg. Diesen Dienstag wurde Stadlmanns Mission abrupt beendet, laut INSIDERN wieder auf Betreiben von Schadeberg und den Gesellschaftern (INSIDE-Hot Shot vom 22.12.).
Die Benchmark aller Mehrweglogistiker leidet (wie alle im GFGH) unter Kostensteigerungen und Personalmangel. Die ohnehin dünne Marge verbesserte sich leicht im Einzelhandelsboom während Corona, aktuell aber soll Trinks tief in roten Zahlen stecken. Die Geduld für Erneuerungspläne, die erst in Jahren zu Ergebnissen führen, ist bei den Gesellschaftern schnell erschöpft.
Stadlmann hatte der Effizienzmaschine Trinks einen radikalen Kulturwandel befohlen. „Agilität und Innovationsgeist“ sollte einziehen. Und als symbolhaftes Kernstück der Mission die altehrwürdige Zentrale in Goslar eingeäschert und ins 400 km entfernte Hennef verlagert, wo in „modernem und offenen Bürokonzept“ agilere und innvationsfreudigere Mitarbeiter gefunden werden sollen. Viele Altgediente hatten auf den verordneten Aufbruch und Umzug keine Lust. Die zweite Führungsebene dünnte aus. Die Kompetenz für das Tagesgeschäft nahm dramatisch ab.
Stadlmann selbst definierte sich als der Antreiber, der Visionär. Fürs Operative waren Vertriebs-Gf Tino Saalbach (kam im November 2019 von AB Inbev), Logistik-Gf Thomas Majocco (kam 2020 von Breuninger) und der im August von der Rewe Für Sie geholte Finanz-Gf Roberto Fabiano zuständig. Sie sollen Stadlmann ersetzen. Einen neuen CEO suchen die Gesellschafter offenbar nicht. Visionen sind vorerst unerwünscht.
Artikel aus INSIDE 915