Paul Noltes Großvater Hermann Sester braute bis in die 1990er Jahre bei der familieneigenen Brauerei in Köln-Ehrenfeld – in der Spitze rund 200.000 hl pro Jahr. 1993 verkauften Noltes Mutter Stephanie Sester und ihre drei Schwestern mangels Nachfolge an Brau und Brunnen, heute gibt es das Bier von der Radeberger-Gruppe nur noch in Kleinstmengen. Ein Sester-Produkt war selbst beim Verkauf schon lange Geschichte – das untergärige Cristall. Bis in die 1970er Jahre stellten es zahlreiche Kölner Brauereien her, dann geriet es in Vergessenheit.
Nicht jedoch bei Paul Nolte, Jahrgang 1988: Er durchlief als Praktikant schon im Jugendalter mehrere Kölsch-Brauereien, machte später den Brauer (bei Sünner und Früh), bei Doemens schließlich auch den Braumeister. Nach vier Jahren AB Inbev startete er dann 2019 sein gewagtes Projekt: Cristall nach dem Rezept des Großvaters wiederbeleben. 400 km fährt Nolte dafür regelmäßig zur Brauerei Rittmayer nach Hallerndorf, braut sein Bier vor Ort und lässt es abfüllen. Verkauft wird es hauptsächlich in der Kölner, Düsseldorfer und Bonner Gastro sowie in GAMs und kleinere Mengen im LEH – 2022 knackte Nolte damit erstmals die 1.000 hl. Dieses Jahr soll es weiteres Hekto-Wachstum geben. Und bestenfalls endlich eine eigene Brauerei – wenn die derzeit nicht gerade Bier-affinen Banken mitspielen.
Artikel aus INSIDE 922