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#925

Volumenschmelze: Das große Absatzloch

Pfanderhöhung: DBB „ergebnisoffen“ dagegen

Pfand-Realo: Holger Eichele

Dem Pfand-Lautsprecher Sebastian Priller wirft der Brauer-Bund Realitätsverlust vor, Veltins winkt ab. Eine DBB-Studie soll die begrenzte Wirksamkeit einer Anpassung belegen. Der Bayerische Brauerbund dagegen tendiert zu einer Erhöhung. Greift am Ende die Politik als Brückenbauer ein?

Prillers 10 Euro-Pfandvorstoß (INSIDE 923) hat zumindest eins bewirkt: Die mediale Aufmerksamkeit ist gewaltig, die Mehrweg-Player müssen sich positionieren. Der Deutsche Brauer-Bund (DBB) tut das: Es gebe eine Mehrweg-Arbeitsgruppe mit den (pro Erhöhung eingestellten) Privaten Brauern, die „ergebnisoffen“ diskutiere. Die Problematik, dass der Flaschenpreis weit über dem seit Jahrzehnten unangetasteten Pfand liegt (aktuell ca. 32 Cent), erkennt der DBB an. Zuletzt beobachte man zudem einen schleppenderen Leergut-Rücklauf. Allein Priller spricht von 100.000 Kisten jährlich, die leer oder halbvoll zurückkommen. Der Kreislauf funktioniert laut DBB insgeamt aber „nach wie vor sehr gut.“

DBB befürchtet Überschuldung von Betrieben

Wie ergebnisoffen ist der Brauer-Bund also wirklich? Er hat keine Kosten gescheut, eine Studie zur Wirksamkeit einer Pfanderhöhung bei INSA in Auftrag zu geben. Ergebnis: „Lediglich 22% der Befragten gaben an, sie würden Leergut schneller zurückbringen, wenn der Pfandsatz deutlich erhöht würde.“ Wären diese 22% kein Fortschritt? Hinzu kommt: Eine höhere Rücklaufquote ist nur ein Argument. Das andere ist der reduzierte Fehlbetrag pro verlorener Flasche. Der DBB macht keinen Hehl aus seiner Tendenz: „Eine Pfanderhöhung könnte nur mit einem Stichtag umgesetzt werden. Dies erhöht die Kosten und die Risiken für die Brauereien enorm, weshalb wir das Szenario einer Pfanderhöhung nach wie vor sehr skeptisch (...) betrachten müssen.“ Mit den von Priller und Fritz-Kola-Macher Mirco Wiegert anvisierten 25 Cent Flaschenpfand werde zudem de facto ein hoher Mindestpreis für Neuglasflaschen gesetzt. Veltins‘ Generalbevollmächtiger Michael Huber winkt ab: Es sei der falsche Weg, „den treuen Verbraucher gerade in diesen konsumbelasteten Zeiten durch sprunghafte Pfandsatzerhöhungen zu überfordern.“ Die bilanziellen Verluste lägen laut DBB bei 680 Mio Euro. Die Verbände erarbeiten derzeit ein Tool, dass Kosten und Nutzen für jede Brauerei ausweisen soll. Der DBB warnt: Die Finanzreserven seien vielerorts aufgebraucht, die Gefahr der Überschuldung real. Bei den langfristigen Vorteilen sieht er große Unterschiede und greift Priller an: „Es gibt Abfüller, die im Rücklauf vergleichsweise viel Leergut an Wettbewerber verlieren und deshalb über die Medien maximal hohe Pfandsätze einfordern. Wer aber als Unternehmer ein künftiges Kastenpfand von 10 Euro ausruft, hat den Bezug zur Realität leider verloren."

Priller plädiert dafür, Lösungen für gefährdete Betriebe zu suchen. Womöglich mit der Politik? Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums sagt zu potenziellen Maßnahmen wie einer Sonderregelung bei den Rückstellungen für Poolund Individualflaschen: „Spekulative Fragen beantworten wir nicht. (…) Bitte gehen Sie dennoch davon aus, dass wir uns kontinuierlich mit der Verbesserung von Pfand- und Rücknahmesystemen beschäftigen und uns darüber (...) im Austausch mit der Branche befinden.“ Grundsätzlich könne ein höherer Pfandsatz zur Vermeidung von Abfall und zur Ressourcenschonung führen. Ähnlich hatte sich das Bundesumweltamt bereits 2019 geäußert: „Umweltpolitisch ist ein höheres Pfand sinnvoll.“ Bemerkenswert ist die unterschiedliche Sprachregelung von DBB und Lothar Ebbertz vom Bayerischem Brauerbund. Der meldet sich mit Statements wie „Mit der aktuellen Pfandhöhe ist der Rückgabeanreiz nicht groß genug“ und „Wir nähern uns einem Punkt, an dem wir uns des Themas annehmen müssen“ zu Wort. Gesprächsbedarf herrscht allemal. Auch innerhalb des Brauer-Bunds.

Artikel aus INSIDE 925