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PET Einweg weiter im Sturzflug

PET verliert weiter dramatisch, vor allem PET Einweg: Hochgerechnet auf das Gesamtjahr knallen dem Hauptgebinde des deutschen Mineralwassermarktes nach einem verlustreichen 2019 (mit zweistelligem Minus) weiter Marktanteile weg.

Mindestens 500 Mio Liter dürften am Ende dieses Jahres dem von den Spezialisten Schäff und Hansa-Heemann (und der mit einer Sonderrolle ausgestatteten Tochter der Schwarz Gruppe, Mitteldeutsche Erfrischungsgetränke MEG) geprägten Billigmarkt fehlen. Laut GfK verliert PET Einweg per August über 7% (siehe rechts). Schenkt man Brunnenmanagern Glauben, liegt das Minus nach September und Oktober sogar noch höher, ist aber noch im einstelligen Bereich. Die Branche muss sich für deutlich weniger Plastik in den nächsten Jahren wappnen. Für die Brunnenmanager stellt sich deshalb die Greta-Frage: „Wie stelle ich mein Unternehmen in Zukunft auf, um den Anforderungen der EU hinsichtlich der Plastikmüll-Vermeidung und der Verbraucher gerecht zu werden und gleichzeitig einer drohenden Zwangsabgabe auf PET mit Gelassenheit begegnen zu können.“ Mittelständisch geprägte Unternehmen können gegebenenfalls auf Marke umswitchen bzw. das möglicherweise brach liegende Glas-Mehrweggeschäft wieder aktivieren. Und tun dies auch (siehe z.B. Salvus Mineralbrunnen).

Flakes zusammenkratzen

Den Billigraffinerien hingegen bleibt nicht der Spielraum, sich neu zu erfinden. Sie kratzen nun die letzten Flakes zusammen, die der Markt für PET-Einweg übrig lässt. Während die MEG die herben Verluste in PET Einweg 1,5 Liter durch neue Produkte, mit der die Schwarz-Tochter weitere „Fremd“-Lieferanten aus Kaufland und Lidl rauskegelt, kompensiert und durch den Export (z.B. nach Benelux) ausgleichen kann, müssen sich Hansa-Heemann (im Markengeschäft mit den Trostpflasterchen Hella und Fürst Bismarck ausgestattet) und die Schäff Gruppe (im Markengeschäft mit Töchterchen Germete Heil- und Mineralquellen vertreten) dem drastischen Abwärtstrend des Plastikgebindes stellen. Bei den aktuell laufenden Rewe-Ausschreibungen für Süßgetränke (im Januar folgt Mineralwasser) und auch die aktuellen Edeka-Ausschreibungen müssen die Branchenmarktführer aus Rellingen und Treuchtlingen unbedingt punkten, fürchten INSIDER.

Während der gewiefte Brunneninhaber Michael Schäff die stets geölte Quetschschraube der Kostenminimierung bis zum Anschlag weiterdreht (die Leidtragenden dürften u.a. die in eine extra Gesellschaft ausgegliederten Mitarbeiter sein), versuchen seine beiden Gfs Günter Kutschera und Nachfolger Alexander Pascher weiter Mengen aufzureißen. Das spüren nicht nur die direkten Konkurrenten – allen voran Hansa-Heemann, aber auch Refresco etc. –, sondern vor allem die vielen mitbietenden Regionalbrunnen, die sich zuvor immer wieder Krümel des Handelsmarken-Kuchen schnappen konnten.

Noch mischen Schäffs eigene Tochter Germete genauso wie Gehring-Bunte (Erkrath), Bad Harzburger/Okertaler, Hövelmann, die Edeka-Südwest-Tochter Schwarzwald-Sprudel oder Hochwald mit. Doch schnüren die Rechenkünstler aus dem Altmühltal und Rellingen nun – z.B. bei Aldi Nord und Süd – die Bandagen bewusst enger. Auf dass sich die Manager oder Inhaber der mittelständischen Brunnen umorientieren, so offenbar die Botschaft der Privat-Label-Spezialisten. Doch setzt der Handel, insbesondere Aldi, eigentlich auf Lieferantenvielfalt. Aus Gründen der Versorgungssicherheit und der Unabhängigkeit. Zuverlässige Alternativen, die ebenso billig wie die Dickschiffe können, bleiben gefragt.

Alma Sources: „Bonjour Tristesse“

Mittelfristig könnte sich nun ein weiterer großer PET Einweg-Lieferant formieren. Ein gutes halbes Jahr nachdem sich Frankreichs Wasser-Multi Alma SA über die Grenze ins Saarland aufmachte, um dort die Karlsberg Gruppe vom lästigen, 10 Mio Liter kleinen Anhängsel Rilchinger Mineralbrunnen zu erlösen (INSIDE 844), unterstreicht der französische Mega-Wassser-Konzern (weltweit über 40 Standorte, mit Marken wie Cristaline, Vichy oder Thonon und mit über vier Mrd Füllungen Volumenmarktführer in Frankreich) seine Ambitionen für das Deutschlandgeschäft. Inzwischen ist Rilchingen komplett auf neue Beine gestellt worden: Dort schnurrt eine PET-Einweg-Anlage. Mehrweg (Glas) wird platt gemacht oder ist schon platt. Unter der Regie von Konzernchef Luc Baeyens, 58, der neben Export-Boss Pascal Jankowski auch in der Geschäftsführung der deutschen Roxane GmbH bei Rilchingen sitzt, wird Alma in Deutschland nach den anstehenden Markeneinführungen noch weitere Brunnen zukaufen. Zielrichtung: Handelsmarken und private Label. Weil Frankreich die EU-Vorgaben erfüllen und den Verkauf von PET Einweg bis 2030 um 50% reduzieren will, wird es PET in Frankreich schwer haben. Sogar ein Pfandsystem in 2023 soll geprüft werden. Und nun der Sprung von Alma nach Deutschland. Mit PET.

Auch hierzulande drohen strikte Maßnahmen wie z.B. eine Zwangsabgabe für PET Einweg. Schließlich haben sich das Die Grünen fett (mit Edding?) auf die Fahne geschrieben. Hin oder her: Sucht der Megakonzern Alma Source in Deutschland nach Kuriositäten, dann ist die Entscheidung die richtige. Zuletzt schrieb Aldi Nord z.B. für Quellbrunn bei einer Ausschreibung einen hohen Rezyklatanteil bei den PET-Flaschen vor. Nachdem allerdings Stiftung WarentestQuellbrunn bei ihrem großen Medium-Test im Sommer mit der Bestnote bewertete (INSIDE 859), strich der Harddiscounter die Forderung nach dem Rezyklatanteil wieder aus dem Abforderungskatalog in der Ausschreibung. Die gute Note habe man ja schließlich auch mit einer Flasche, bestehend aus 100% Virgin-PET, gewonnen, so soll die Begründung dazu lauten. Die Lieferanten – ob Hansa-Heemann, Schäff oder Gehring-Bunte in Erkrath – werden in die Hände geklatscht haben: Schließlich ist Rezyklat aktuell deutlich teurer als PET-Neuware.

PreZero für Nix?

Mit derlei Absurditäten hält sich Aldi-Konkurrent Lidl schon lange nicht mehr auf. Schließlich spielt die MEG mit ihrem angeschlossenen PET-Kreislaufsystem (Rezyklat, Preform, Abfüllung, Rücknahme und Entsorgung über die Schwarz-Tochter PreZero) in ihrer (eigenen) Nachhaltigkeitsliga. Dies hat den Produktionschef der Schwarz Gruppe, Jörg Aldenkott, der mit dem 18 Cent Wasser Saskia schon als Business-Partner der TSG Hoffenheim auftrat, nun bis zum Namenssponsor der PreZero-Arena (Vorher: SAP) gemacht. Die Schwarz-Gruppe („ReSet Plastic“) positioniert sich seit geraumer Zeit schon gegen Plastikmüll. Bis 2025 will der Discounter Lidl ein Fünftel weniger Plastik einsetzen, auf den Einsatz von Mikroplastik verzichten und den Anteil von neuem Plastik reduzieren. Bei PET enthalten Saskia und die Süßgetränke-Schiene Freeway über 50% Rezyklat, schon nächstes Jahr soll der Anteil laut Techniker-Kreisen bei 60% liegen. Die stille Variante Saskia besteht bereits zu 100% aus wiederverwertetem PET, weitere Produkte werden in 2021 nachgeschoben. Laut INSIDERN findet aktuell im Hintergrund ein zähes Ringen um die richtige Bewertung und Berücksichtigung der Mineralwasser-Ökobilanzen statt. Auch im Vorfeld einer EU-Plastiksteuer fordert die Schwarz Gruppe eine Neubewertung.

Fraglich ist, ob Lidls großangelegte Nachhaltigkeits-Kampagnen (TV Werbung, Social Media, Prospekte etc.) Verbraucher und Kunden ebenso nachhaltig beeinflussen können. Beinahe symbolhaften Charakter besitzen dazu die Bilder von der tristen Saskia-Bandenwerbung in der leeren PreZero-Arena ohne Zuschauer.

In Neckarsulm übt man sich in Geduld. Immerhin kann sich die GDB mit Petcycle an die Lidl-Argumentation „geschlossener Kreislauf“ hängen. Das ist auch dringend notwendig, denn Petcycle verliert ebenso wie PET Einweg – und auch PET Mehrweg - weiter: Laut INSIDERN aktuell um die 7 Prozent. Erste Petcycler machen schon drei Kreuze, dass sie gerade noch rechtzeitig beim Poolführer GDB untergekrochen sind.

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