Im defizitären Wettlauf um PET-Hektos für Aldis Eigenmarke Karlskrone hat die Oettinger Braugruppe die Reißleine gezogen. Gefährdet der Rückzug die Profitabilität der PET-Abfüllung im Werk Braunschweig? Oder gar den ganzen Standort?
Laut INSIDERN könnten Braunschweig durch die Aufkündigung des Aldi Nord/Süd-Deals 200.000 hl Karlskrone verloren gehen – ein schmerzlicher Schritt, auch wenn sich PET-Bier isoliert betrachtet in Braunschweig wohl noch nie rechnete. Der Einkauf von Preforms gilt als teuer, die Folgekosten auch (andere Hersteller verwerten Granulat direkt). Zum Literpreis von 90 Cent (0,5-Liter-Flasche für 45 Cent) steht das Bier derzeit bei Aldi Nord in den Regalen – also dort, wo der Discounter den Preis für die Dose Bier schon 2022 um fette 69% von 29 Cent erst auf 39 Cent und dann auf 49 Cent erhöht hatte. Mittlerweile, nach einer erneuten Preiserhöhung im März 2023 (INSIDE 922), kostet die 0,5-Liter-Dose Schultenbräu nun 55 Cent. Umgerechnet auf eine 20x0,5er Einheit läge der Kastenpreis also bei 11 Euro.
Richtig spannend ist der überschaubare PET-Einweg-Markt für die wenigen Brauer, die es können, längst nur noch bei den Kalkulationstabellen. Der Marktanteil fing sich nach jahrelangem Absturz laut NielsenIQ zuletzt bei Bier in LEH und GAM bei 6,0 % (Strobls Bierradar, INSIDE 939). Nur noch die ganz Großen bieten beim Spiel um Mini-Margen mit: außer Oettinger noch die Billigprofis von TCB (Frankfurter Brauhaus), der deutsche Ableger von Harboes Bryggeri (die gerade in eine seltsame Kampagne um ihren Gesellschafter Bernd Griese verstrickt sind) in Dargun – und der Belgier Martens. Dort, bei Martens, vermuten INSIDER in Kürze auch Aldis bei Oettinger verlorenen Karlskrone-Hektos.
Schon wieder Martens? Bei Oettinger dürfte sich der von Neu-CEO Stefan Blaschak auf das Handelsmarkengeschäft zurechtgestutzte Vertriebs-Gf Peter Böck an die Zeit erinnern, als Matriarchin Pia Kollmar unter anderem mit der von Carlsberg übernommenen Anlage für Braunschweig mal 1,3 Mio hl PET drehte – und Martens seinerzeit forsch Aldi- und Lidl-Hektos abnahm.
Mittlerweile soll von zwei PET-Anlagen in Braunschweig nur noch eine in Betrieb sein. Wie so oft nach solchen Entscheidungen des Großkunden Aldi geht nun die Furcht um, dass bald auch andere Füllungen (u.a. Fassbrause für Aldi) zur Disposition stehen könnten, die die Deckungsbeiträge für den Rest der Abfüllung (derzeit noch ca. 500.000 hl) dann endgültig zernagelten. Es ist wieder mal High Noon in Braunschweig – nicht das erste Mal.
Artikel aus INSIDE 943