So pompös, wie seinerzeit die Inthronisation des Oettinger-Sanierers Gino Biondi bekannt gegeben wurde, so mager fiel nun sein mutmaßlicher Abschuss aus. Selbst das übliche „auf eigenen Wunsch“ ersparte man sich. Es musste offenbar schnell gehen.
Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe (Mittwochnachmittag) fühlte sich noch immer keine der betroffenen Seiten bemüßigt, auf Anfrage von INSIDE einen doch recht denkwürdigen Vorgang von vergangener Woche zu kommentieren (der dazu geführt hatte, dass INSIDE bislang exklusiv die Demission von Gino Biondi verkündete). Wenn die Informationen aus Kreisen der Belegschaft zutreffen, war Biondi eigentlich für Dienstag vergangener Woche für eine Betriebsversammlung im Oettinger-Werk Braunschweig eingeladen – erschien dort aber nicht. Stattdessen wurde intern ein Schreiben des neuen CEO Stefan Blaschak kommuniziert, in dem dieser zwar blumig die Verdienste Biondis um die Restrukturierung des Unternehmens hervorhob („wichtige Akzente“, „laufende Projekte erfolgreich zu Ende“ geführt) und ihm „privat und persönlich“ alles Gute wünschte – aber eben auch nüchtern feststellte, nach „sieben Monaten erfolgreicher Restrukturierungsarbeit“ werde Gino Biondi „aus unserem Unternehmen ausscheiden“. Das war´s. Arrivederci? Wohl eher nicht.
Nach allem, was in den vergangenen Monaten meist unfreiwillig ans Licht kam, gibt die Braugruppe mittlerweile ein erstaunlich wirres Bild ab. Geschäftsführer kamen und gingen, und das zu einer Sanierungsphase, in der ein naturgemäß nervöses Bankenkonsortium nachvollziehbare Aktionen erwartet. Der Ex-Berentzen-Vorstand Stefan Blaschak, zu Anfang Juli vom Oettinger-Beirat (mehrheitlich regiert von Matriarchin Pia Kollmar, ihrer Mutter und ihren Töchtern) ziemlich hauruck an die operative Spitze der Braugruppe gesetzt, ist (von Vetriebs-Gf Peter Böck abgesehen, der nie zur Disposition stand) mittlerweile der dritte Gf binnen nicht mal eines Jahres. Er soll unbestätigten Angaben zufolge schon 2022 auf einer Wunschliste der Banken gestanden haben, die angesichts mancherlei Verwerfungen die Unternehmensberater der Bonner Auxil GmbH an Bord holten. Zu den vordergründigsten Aufgaben von Auxil gehörte die Erstellung eines Sanierungsplans; im Gegensatz zum Ex-Auxil-Manager Michael Giesswein, der als Mit-Gf Ende 2022 nach nur wenigen Monaten für den branchenfremden Sanierer Biondi weichen musste, blieb Auxil bis heute. Dafür musste sich Pia K. auf Druck der Banken in den Beirat verziehen – der aber wiederum Geschäftsführer bestellt und entlässt. Eine etwas kantige Konstruktion.
Nach einer für das Geschäftsjahr 2021 bilanzierten „Konsortialfinanzierung mit einem Volumen von bis zu 66,25 Mio Euro“ taxieren Banken-INSIDER die Schuldenlast bei Oettinger inklusive diverser Kontokorrentlinien mittlerweile auf rund 30 Mio Euro; diese Zahl ist aber nicht abgesichert (INSIDE 929). Under fire ist die Braugruppe aber weiterhin: Laut INSIDE-Markenhitliste (Ausgabe 918) verlor sie 2022 allein bei der Marke 7,4%, rund 300.000 hl. Für das erste Halbjahr 2023 wiederum riss eine breite Kaufland-Auslistung tiefe Löcher in die Bilanz (-11,8 % bei Marke Oettinger, - 5,6 % inkl. 5.0).
Artikel aus INSIDE 931