Für Oettinger läuft es richtig rund, jedenfalls laut CEO Stefan Blaschak: „Belastbarkeit und Zukunftsfähigkeit“ hätten „zwei europäische Bankhäuser“ dem Unternehmen attestiert, jubelte der Ex-Berentzen-Chef Ende letzter Woche. Nun ja.
Aus alten Berentzen-Zeiten weiß der seinerzeitige CEO Stephan Blasckak noch trefflich, wie man Hauptaktionär Aurelius die Bilanz schmackhaft macht – eine Übung, die er nun der Oettinger Braugruppe angedeihen lässt. Mit weniger als einem „weiteren Meilenstein im Transformationsprozess“ geht es offenbar nicht. Die „europäischen Bankhäuser“ seien als „Finanzierungspartner“ gewonnen worden. Laut INSIDERN soll es sich bei mindestens einem der nicht näher benannten Bankhäuser um die LB Oberösterreich handeln; das zweite kommt wahrscheinlich aus demselben Nachbarland. Dabei lösen die beiden neuen Banken das Engagement des bisherigen deutschen Bankenkonsortiums und dessen Konsortialkredite ab – was die ansonsten sehr schmallippige Braugruppe auf INSIDE-Anfrage auch bestätigt.
Die deutschen Banken wären damit bei der noch knapp zwei Mio hl Marke großen Braugruppe draußen: laut Bankenkreisen die Bayern LB (die vor einigen Jahren mit der Ankündigung eines Rückzugs oder zumindest der Überprüfung des Engagements dafür sorgte, dass 2022 die Sanierungsexperten der Bonner Auxil GmbH an Bord kamen – INSIDE 909), die Deutsche Bank, die LB BaWü, die LfA und im Hintergrund die KfW.
Die im Bundesanzeiger für das Geschäftsjahr 2021 (am 3. Februar 2023 unterzeichnete und nun abgelöste) „aktuelle Konsortialfinanzierung mit einem Volumen von bis zu 66,25 Mio Euro (ursprünglich bis zu 83,5 Mio Euro)“ könnte sich laut INSIDERN bei Festkrediten und Liquiditätslinien auf je 10 bis 15 Mio Euro reduziert haben. Angaben aus der Braugruppe gibt es dazu nicht, ebenso wenig zum geplanten Umsatz- und Absatzwachstum und zur Ebit-Entwicklung. Das Geschäft in den ersten zwei Monaten dieses Jahres habe sich „zufriedenstellend“ und damit „sogar besser, als geplant“ entwickelt. Das sind doch mal gute Nachrichten.
Da auch die neuen Hausbanken irgendwann Erfolgsstorys lesen möchten, wird CEO Stefan Blaschak nicht müde, Investitionen „sowohl in unsere Stabilität als auch in unser Wachstum, speziell im Ausland“, anzukündigen. Wie das aussehen kann, zeigte sich unlängst: Ende Januar übernahm die Braugruppe die Mitte 2023 in die Insolvenz gerutschte Hamburger Proteinbier-Marke JoyBräu (INSIDE 943) als Basis künftiger Functional Drinks unter der Dachmarke Oe. Und es gibt neue Etiketten.
Dass bei der Braugruppe vieles im Argen liegt und große Aufgaben auf den neuen CEO warten, wurde zuletzt überdeutlich. Allein 2023 verlor Oettinger laut INSIDE-Marken-Hitliste (Ausgabe 942) 11% oder 240.000 hl Marke, geschuldet Auslistungen bei Kaufland Ost (November 2022) sowie Nord und West (Frühjahr 2023). Zudem stellte die Braugruppe vor allem im Osten und Norden nach der Ausgabe des Standortes Gotha viel Direktlieferung ein – allesamt Maßnahmen, die noch nicht von Blaschak verantwortet wurden, weswegen er nun auf schmalem Niveau wundersam aufbauen kann – wenn ihm die neu rekrutierten „europäischen Bankhäuser“ die Story vom Transformationsprozess lange genug abkaufen.
Artikel aus INSIDE 945