Ungewohnt schmallippig präsentierte die Deutsche Umwelthilfe diese Woche Anbieter von Mehrweglösungen beim To Go-Geschäft der Gastronomie. Von einem Pool solcher Lösungen ist weit und breit nichts zu sehen, wieder mal verläuft sich die Branche in Insellösungen. Hinter den Kulissen brodelt die Suche nach einer Art Clearing-System, einer Daten- und Organisationsstruktur. Ausgerechnet der unglücklich gestartete und bislang auch nicht sehr erfolgreiche Mehrwegpool der Brauwirtschaft (MPB) könnte eine Rolle spielen. Aber: Kann er es auch?
MPB-Generalversammlung in Berlin, letzte Woche einen Tag nach dem Brauertag (vgl. S.24). Die Genossenschaft sucht händeringend nach neuen Genossen und einem neuen Aktionsradius. Der im Winter als Gf installierte Ex-DBB-Geschäftsführer Peter Hahn soll den losen Haufen (mit Michael Scherer von der Nordsozietät und Bolten-Bräu Michael Hollmann als Graue Eminenz) schärfen. Dazu zählt, dass nur noch Hahn Auskunft geben darf. Was er aber nicht tut. Von Offerten an die Gastronomie-Szene will er gegenüber INSIDE ebenso wenig wissen wie von einer Ausweitung der MPB-Ambitionen auf andere Warengruppen. Im Fokus stehe immer noch die „Revitalisierung von Mehrwegsystemen für die Brauwirtschaft“.
INSIDER empfangen divergierende Informationen. U.a. die, dass in Berlin inständig diskutiert wurde, den Genossenschaftszweck auf andere Pool-Gebinde auszuweiten. Oder auf andere Aufgaben? Jemand, der mit der Sache vertraut ist, sprach gegenüber INSIDE gar von einer Offensive, die P. Hahn mittlerweile in punkto Mehrweg-Geschirr für die Gastronomie per Mail veranstalte. Die MPB als künftiger Becher- und Teller-Spezialist? Möglich ist alles.
Zum 1. Januar 2023 müssen die meisten gastronomischen Betriebe im To Go-Bereich Alternativen zu Einweggeschirr anbieten. Es gibt mittlerweile Dutzende kleinere und größere Anbieter, die aber allesamt nur Insellösungen anbieten – weil sie nur bei Gastwirten zurückgegeben werden können, die am System teilnehmen. Sollte es, wie zu erwarten steht, deshalb in den nächsten Jahren zu einer Novelle des Verpackungsgesetzes kommen, stünde der Mehrweg-Kaiser ohne Kleider da. Entsprechend empfiehlt die DUH auch Gastronomen, „bei der Umsetzung der Mehrwegangebotspflicht Pool-Mehrwegbecher und -essensboxen zu nutzen“. Problem nur: Es gibt keine. Recup, Relevo und Co. versuchen möglichst viele Wirte für ihre eigenen System zu gewinnen. Absprache oder Koordination? Fehlanzeige.
Mittlerweile herrscht Nervosität in der Branche; die Zeit läuft weg. Der Essenslieferant Wolt macht‘s vor und liefert bereits großflächig Restaurant-Speisen in Mehrwegboxen aus. Andere Initiativen, mit denen der MPB immer wieder in Verbindung gebracht wurde, wollen gleich klotzen, nicht kleckern. Etwa die des Ex-Carlsberg Deutschland-Gf und späteren Trinkkontor-Gf Frank Maßen, der sich 2021 für das Projekt Reusable To-Go den früheren GS1-Gf Rudolf Behrens und den Logistik- und Datenexperten Robert Reiche (Conet) an Bord geholt hat. Wie INSIDER aus MPB-Kreisen erfahren haben wollen, wabert dort die hehre Idee durch den Raum, ein System zu entwickeln, das alle bestehenden Mehrwegsysteme im Gastro-Bereich bei Rückgabe und Clearing unter einem Dach integriert.
Artikel aus INSIDE 905