Einen "drohenden Kollateralschaden für die umweltfreundlichen Mehrwegsysteme" in Deutschland befürchten die führenden deutschen Mehrwegverbände, sollte die europäische „Packaging and Packaging Waste Regulation“ (PPWR) in der geplanten Form umgesetzt werden. Die Privaten Brauer, der Deutsche Brauer-Bund, der Verband Pro Mehrweg, der Bundesverband GFGH und der Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels dringen deshalb in einer heute publizierten konzertierten Aktion auf eine Korrektur der PPWR. INSIDE hatte über den Rumor zuerst vor zwei Wochen berichtet (INSIDE 926).
Hintergrund der Aktion ist, dass der Entwurf der PPWR in vielen Punkten noch unausgegoren ist und man mit Stand jetzt verhindern will, dass das deutsche Mehrwegsystem in seiner europaweiten Einzigartigkeit durch Bürokratismus und falsches Verständnis der hiesigen Gegebenheiten torpediert wird. Die PPWR, deren Entwurf derzeit in verschiedenen europäischen Gremien verhandelt wird, soll als für alle 27 Mitgliedstaaten verbindliche Verordnung die wachsende Flut des Verpackungsmülls in Europa eindämmen und die Kreislaufwirtschaft stärken. Vorgesehen sind darin u.a. verbindliche Mehrwegquoten für den Handel - und eine einheitliche, zentralistische Verwaltungsbürokratie in jedem Mitgliedsland. Dagegen laufen die deutschen Verbände nun Sturm - mit dem nachvollziehbaren Hinweis, dass es in Deutschland ja schon ein funktionierendes Kreislaufsystem gibt, allerdings eben kein zentrales. Das Regelwerk der EU wäre, so die Argumentation, "für die Kreislaufwirtschaft in Deutschland mit Milliarden-Investitionen verbunden, ohne einen ökologischen Mehrwert zu bieten". Zudem würde es "funktionierende Mehrwegkreisläufe in der Fläche zerstören".
Im Rahmen neuer Deklarationspflichten werde zudem eine „dauerhaft angebrachte Kennzeichnung“ von Mehrwegverpackungen gefordert – im deutschen Mehrwegsystem, wo seit jeher mit abwaschbaren Etiketten gearbeitet wird, würde dies den Weiterbetrieb der erfolgreichen Systeme unterbinden und auf eine vollständige Vernichtung der existierenden Mehrwegflaschen- und Kastenpools hinauslaufen, weil diese dann künftig nicht mehr genutzt werden dürften, obwohl sie noch viele Jahre im Einsatz sein könnten.
Auch den PPWR-Vorstoß, Leerraumanteil zu begrenzen, sehen die Verbände kritisch. Das möge ja mit Blick auf Transportverpackungen richtig sein, bei Wasser- oder Bierkästen würde die Regulierung jedoch, bliebe es dabei, den Transport und die Lagerung von Mehrwegflaschen künftig unmöglich machen. Offenbar, so die heute vorgestellte Allianz, "hat man dabei vergessen, dass die Rückführung im leeren Zustand ein wesentliches Merkmal von Mehrwegverpackungen ist."
Die im deutschen Verpackungsgesetz verankerte Rücknahmepflicht für Mehrwegverpackungen durch Letztvertreiber sei in der PPWR hingegen nicht vorgesehen. Stattdessen würden die – in Deutschland nicht vorhandenen – Systembetreiber verpflichtet, für die Rücknahme zu sorgen, ohne dass erkennbar wird, wie dies erfolgen soll.