"Krise kann auch geil sein": Ein prima Lebensmotto für einen wie Fynn Kliemann, der quer durch alle sozialen Netzwerke plus Netflix plus öffentlich-rechtliche Berichterstattung gehypt wird, dass es schon eines Leaks (womöglich schlecht oder gar nicht bezahlter Mitarbeiter) bedurfte, um die Fassade bröckeln zu lassen. Wieder einmal zeigte sich, dass schon eine einzige Jan Böhmermann-Show (samt medialem Begleit-Gedöns) ausreicht, um den nächsten Influencer zur persona non grata werden zu lassen. Und auf welch schmalem Grad auch Getränkehersteller balancieren, wenn sie sich Influencern an den Hals werfen.
In diesem Fall zogen erst die Gut-Wasser-Marke Viva con Agua und dann Berentzens gutes AfG-Töchterchen Vivaris den Stöpsel und ließen die nicht mehr genießbare Kliemann-Pfütze ablaufen. Während Viva con Agua die Trennung noch wortreich verkündete, die Berichterstattung "über Fynn Kliemann und Global Tactics hat uns bestürzt und getroffen. Die geschilderten Vorgänge stehen in krassem Gegensatz zu unseren Werten und unserer Vorstellung von gemeinwohlorientiertem Unternehmertum", war Vivaris ebenso still und heimlich wieder draußen, wie es erst vor wenigen Wochen mit der Kooperation angefangen hatte. Zuvor standdie halbe deutsche Industrie Schlange, um an den Sonnenstrahlen zu partizipieren, die der vermeintliche Gutmensch Kliemann jeden Tag um sich warf. So wurden ihm Ferienwohnungen ausgestattet und wohl auch Kühlschränke gefüllt. Man wollte halt irgendwie dabei sein in der Krise. Danach würde sowieso alles gut werden. Zumindest besser.
Kliemann stand für Berentzen & Co auch für den Aufbruch in eine neue, sauberere Zukunft mit Influencern, nachdem andere Experimente nicht nur hier grandios schiefgelaufen waren. Frauen-Bashing, Drogenkarrieren und rechtsradikaler Schwachsinn war von dieser Seite nicht zu erwarten; kaum einer hat so gut wie Kliemann verstanden, wie digitale Medien funktionieren und welches Image er sauber pflegen muss, damit er alle Kanäle für sich arbeiten lassen kann. Seit Böhmermann aber mit seiner Redaktion die seltsamen Maskengeschäfte mit Bangladesh aufdeckte (und der Spiegel aktuell nochmal nachlegt), ist Krise doch nicht so geil.