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#899

Getränke-Branche vor Gas-Krise: Der Mann am roten Knopf

Hollmann holt Hannen heim

Bolten- und Hannen-Bräu: Michael Hollmann

Carlsberg hat eine Lösung für die Altbiermarken Hannen und Gatz gefunden. Zum 1.4. übernimmt Bolten, wo sich Inhaber M. Hollmann einen langehegten Traum erfüllt.

Schon unter Wolfgang Burgard und Frank Maßen hatte Carlsberg versucht, die Altbierbrösel abzustoßen. Hannen und Gatz, Überbleibsel der 2005 abgestoßenen Brauerei in Mönchengladbach, sorgten nur noch für Komplexität im Konzern. Unterstützung für Marketing o.ä. gab es längst nicht mehr. Mit der Pandemie sind zuletzt auch noch die verbliebenen 17.000 hl Fassbier eingedampft. Nun ist es dem aktuellen Carlsberg Deutschland-CEO Sebastian Holtz gelungen, die Marken abzugeben, nachdem zuletzt noch ein branchenfremder Investor vom Niederrhein abgesprungen war.

Nur wenige Videositzungen wurden benötigt, um den Deal mit Michael Hollmann geradezuziehen, auf M&A-Berater o.ä. wurde verzichtet. Hollmanns Brauerei Bolten übernimmt jetzt die Marken und Vertriebsrechte der insgesamt noch knapp 30.000 hl großen Marken. Zeitgleich haben Holtz und Bolten-Chef Michael Hollmann eine Vertriebskooperation vereinbart. Bolten wird (neben Erdinger) Vertriebspartner in der Carlsberg-Gastronomie, umgekehrt soll Bolten das untergärige Carlsberg-Sortiment (Carlsberg, Holsten, Astra) mitnehmen.

Mit Hannen und Gatz wechselt laut INSIDERN auch der jetzige GVL Niederrhein Guido Ellerwald, 58, zu Bolten. Immer öfter löst Bolten die früher übermächtige Diebels als Altbier in der NRW-Gastro ab. Zuletzt switchte Stauder von Diebels auf Bolten und mit Hubert Neeven, dem GVL Heimatmarkt Diebels, angelte sich Hollmann vor einem Jahr AB Inbevs letzte Altbier-Kompetenz (INSIDE 880). Von den 1,52 Mio hl Diebels, die AB Inbev (damals Interbrew) 2001 übernahm, sind aktuell noch 200.000 hl übrig.

Weit von alten Höchstständen sind auch Hannen und Gatz entfernt. Gatz (vormals Gatzweiler Alt und 1995 beim Verkauf an Hannen noch 380.000 hl groß) wird genauso wie Hannen Alt inzwischen von Königshof in Krefeld produziert und abgefüllt. Carlsberg hatte die Ende der Siebziger noch 1,2 Mio hl große Marke Hannen 1988 übernommen, es ging stetig bergab. Die Brauerei in Mönchengladbach wurde nach dem Pflichtpfand-bedingten Dosen-Einbruch 2003 an Oettinger verkauft.

Altbier diffundiert aus dem Markt. 2021 gingen laut Nielsen IQ weitere 10% Absatz verloren. Der Anteil liegt im Handel bei erbärmlichen 0,5%. Nur wenige Marken widerstehen dem Trend. Zum einen die Hausbrauer in Düsseldorf, Uerige, Schlüssel, Schumacher, und die größte, Füchschen, die vor Corona an 50.000 hl herankam. Zum anderen Bolten.

Vor 17 Jahren war der vormalige Brau & Brunnen-Vorstand Hollmann bei der nach eigenem Bekunden ältesten Altbierbrauerei der Welt eingestiegen. 40.000 hl war Bolten damals groß, nur knapp die Hälfte davon eigene Marke, der Rest Lohnfüllung. Heute sind es beinahe 100.000 hl Bolten. Hollmann, der die große Bühne der Bierwelt als Mitglied diverser Beiräte oder Strippenzieher im Brauerbund (wo auch der Kontakt zu Holtz zustande kam) nie verlassen hat, verstand es, sich einen immer größeren Teil des kleiner werdenden Altbierkuchens zu sichern. Nun erfüllt sich der 64-Jährige einen lang gehegten Traum.

Schon bei seinem Einstieg bei Bolten (bei der später auch Ex-Diebels-Gesellschafter Dr. Paul Bösken-Diebels 50% der Anteile übernahm) hatte Hollmann über eine Übernahme von Hannen Alt nachgedacht. Oettinger, die zuvor die Hannen-Produktionsstätte in Mönchengladbach von Carlsberg gekauft hatten, wurde das Lohnfüllgeschäft für die damals noch 120.000 hl Gatz und Hannen zu kleinteilig. Doch Carlsberg fand Ersatz bei der Brauerei Königshof in Krefeld. Hollmann blieb außen vor.

Erst jetzt schließt sich der Kreis. Bei Hannen unternahm Hollmann seine wichtigsten Karriereschritte. 1993 hatte er als Verkaufsleiter Handel in Mönchengladbach angeheuert, wo er zum Gesamtvertriebsleiter und zum Geschäftsführer Marketing/Vertrieb aufstieg, bevor er 2001 als Vorstand zu Brau & Brunnen ging.

Die Genugtuung war Hollmann offenbar wichtig. Bei Königshof (deren günstige Eigenmarke Königshof Alt mit knapp 100.000 hl Rang zwei im Altbier-Markenranking belegt), türmt sich angesichts der schwindendenden Hannen- und Gatz-Mengen reichlich Leergut. Obwohl für die Produktion der Marken in Korschenbroich kaum Platz ist, hat mit Lohnproduzent Königshof laut INSIDERN niemand vorab gesprochen. Weder über das Leergut, noch über den eher kurzfristigen Lohn-Vertrag.