Fünf Jahre nach der Übernahme von Künzel im fränkischen Mainleus stößt der Bamberger Anlagenbauer Kaspar Schulz den Spezialisten für Malzhandling wieder ab. Die Franken brauchen Geld – anders als die chinesisch dominierte, finanziell hellwache Ziemann Holvrieka GmbH.
Die im Bundesanzeiger zuletzt veröffentlichten Geschäftszahlen (jeweils für 2021) könnten unterschiedlicher nicht sein: Während sich Kaspar Schulz im zweiten Corona-Jahr mühsam konsolidierte und nach einem verheerenden Einbruch in 2020 nur langsam wieder Fuß fasste (mit einem Jahresüberschuss von 189.000 Euro nach einem Minus von 2,28 Mio Euro im Jahr zuvor), lief es bei der in Ludwigsburg ansässigen Ziemann Holvrieka GmbH genau reziprok: Umsatz 317 Mio Euro, Jahresüberschuss 48 Mio Euro, ein aufgelaufener Bilanzgewinn von knapp 100 Mio Euro.
Ganz anders bei den Bambergern. Dort hatte im Corona-Jahr 2020 ein Fehlbetrag von rund 2,9 Mio Euro das Stammkapital von 300.000 Euro und einen seinerzeitigen Gewinnvortrag von 1,4 Mio Euro überstiegen, so dass es, wie im Bundesanzeiger vermerkt, „in Form dieses gesonderten Postens“ (also beim Eigenkapital) zu einer „buchmäßigen Überschuldung“ kam.
Im Juli 2022 warf Inhaber Johannes Schulz-Hess als Geschäftsführer hin (INSIDE 913), trotz einer „historisch“ hohen Auftragslage und einem Erfolg versprechenden Konsolidierungskurs der Firma. Er werde, teilte Schulz-Hess seinerzeit mit, „dauerhaft meinen Tätigkeiten weder für Sie zufriedenstellend nachkommen noch diesen Zustand persönlich länger durchhalten können“. Geschäftsführer wurde im Oktober der frühere Gf des Maschinenbauers HSM, Kai Neubauer (INSIDE 906).
Bei ihm reifte offenbar früh die Erkenntnis, dass das zuletzt teuer aufgeblähte Firmenkonglomerat der Bamberger wieder entschlackt werden sollte. Außer Künzel (in 2018) hatte sich Kaspar Schulz 2016 mit dem Geschäftsbetrieb der Hinke Gruppe in Oberösterreich Know-how im Behälterbau erworben. Mitte 2020 schließlich verkaufte die Bauer AG ihr Töchterchen Esau&Hueber an die Franken. Ihre Sudhaus-Kernkompetenz wanderte früh nach Bamberg ab, Esau verblieb als Anlagenbauer für Kaltbereiche und Entlüftung. Für Kaspar Schulz mit seinen in 2021 wieder 11,68 Mio Euro großen Rohergebnis war das alles womöglich eine Nummer zu groß – für die still via Ziemann agierenden Chinesen kam der jetzt erfolgte Verkauf von Künzel gerade recht.
Auf leisen Sohlen: Wie die Chinesen sich zum Multiplayer machten
2012 hatte die China International Marina Containers Co (CIMC) als Hersteller von u.a. Containern und Straßentransportfahrzeugen die deutschen Ziemann-Standorte Ludwigsburg und Bürgstadt mit dem Brauerei- und Tankgeschäft übernommen. Ziemann war zuvor insolvent gewesen. Ziemann Holvrieka wird dabei in den Konzernabschluss der CIMC Enric Holdings Ltd. auf den Cayman Inseln einbezogen.
Begonnen hatte CIMC die Einkaufstour im Markt für Brauereiausrüstung und -tanks schon 2007 mit dem Kauf von 80% der Anteile des niederländischen Unternehmens Burg Industries und damit auch von Holvrieka. Im Juni 2016 wanderte die 276 Jahre alte Briggs Group in Großbritannien zu CIMC. Und 2019 schluckte CIMC das zuvor insolvente kanadische Unternehmen Diversified Metal Engineering (DME). Den weitaus größten Teil ihrer Umsätze (gut 212 Mio Euro von 317 Mio Euro insgesamt in 2012) erwirtschaftet die Ziemann Holvrieka GmbH freilich in Nord- und Mittelamerika.
INSIDER haben die äußerst liquiden Chinesen auch deshalb immer dann auf dem Zettel, wenn es um die Zukunft der Salzgitter-Tochter KHS geht. Allerdings trägt der Anlagenbauer derzeit deutlich zum besseren Teil der Stimmung im Konzern bei, ein Verkauf ist also eher unwahrscheinlich.
Der nach wie vor mit 19% an Künzel beteiligte Geschäftsführer Clemens Thüsing zeigte sich ob der Übernahme übrigens happy. Was viel Besseres konnte ihm wahrscheinlich wirklich nicht passieren.
Artikel aus INSIDE 393