Nach dem durch Störtebeker vollzogenen Beitritt des ersten Mittelständlers zur Poolgesellschaft GeMeMa sind nun plötzlich die G4 der Bierbranche – Warsteiner, Bitburger, Radeberger und Krombacher – in Zugzwang. Ihr eigenes Konstrukt wird für sie zur Nagelprobe. Eine interessante Konstellation.
Eineinhalb Jahre lang haben die vier Größen der deutschen Bierbranche mit ihrer GeMeMa schon verstreichen lassen, ohne dass den Ankündigungen von 0,5-Liter-Pools bemerkenswerte Taten folgten. Der nach seinem Job bei Petcycle als Gf ins Kölner GeMeMa-Headquarter rekrutierte Hans Baxmeier war um seinen Job nicht immer zu beneiden.
Erst schossen drei regionale Brauerbünde mit der Gründung ihrer eigenen Poolgenossenschaft MPB Störfeuer ab, dann mussten die GeMeMa-Juristen vielfach nachladen, um Bedenken von Kleinbrauern und Mittelständlern vor der Wirkungsmacht der G4 zu zerstreuen. Immerhin rangen sich die Privaten Brauer daraufhin zu einer Empfehlung pro GeMeMa durch (INSIDE 880).
Im Kern steht die GeMeMa vor einem Dilemma: Die Gründungsgesellschafter müssten, um glaubwürdig zu bleiben, demonstrativ eigene Individualbestände auflösen (B. Schadeberg, der 2016 nach jahrelangem Ringen via GS1 und den Handel allein um eine neue Pool-Bootle entnervt von der Blockadehaltung der Kollegen hinwarf und selbst eine Individualflasche zulegte, dürfte aktuell wenig Handlungsdruck versprühen).
Warum sollten andere Brauer ihre Poolbestände sonst in eine Gesellschaft einbringen? Was der GeMeMa in der Debatte zugutekommt: In dem Maß, in dem der politische Druck auf das Mehrwegsystem steigt, die eigene Legitimation unter Beweis zu stellen, wird auch der Handel wieder hellhörig – und könnte die schon zu GS1-Zeiten ventilierten Forderungen wieder aus der Schublade holen.
Auch wenn Edeka Hessenring-Gf Hans-Jürgen Steffen beim diesjährigen Get.In.-Kongress noch „keine fünf Euro“ auf funktionierende GeMeMa-Pools wetten wollte, dürfte ausgerechnet vom LEH der maßgebliche Impuls ausgehen (auch damit die Vollsortimenter das Schreckgespenst einer verpflichtenden Mehrwegquote für Discounter vom Eis kriegen, wie sie in Österreich bereits beschlossen und in Deutschland längst diskutiert wird – INSIDE 887).
Die Gründung des 0,33 Liter-Longneck-Pools innerhalb der GeMeMa war nur ein Vorspiel. Jürgen Nordmanns rund 350.000 hl große Störtebeker Braumanufaktur – mit Logipack-Gf Torsten Hiller als Verhandlungspartner – bringt nun mit ihrem Beitritt zum 0,5 Liter Longneck-Pool der GeMeMa Schwung in die Angelegenheit. Gemessen an den auf 10 Mio hl taxierten Longneck-Gesamtvolumina ist da noch viel Luft nach oben. Intern heißt es, die Big4 (König, Rolinck, Ur-Krostizer etc.) würden jetzt erstmal jene eigenen Brauereien beteiligen, die ohnehin 0,5 Liter Longneck abfüllen. Auf Dauer wird das zu wenig sein.
Artikel aus INSIDE 892