Der Name klingt nach strammem Marketingprogramm: „Cocktail.Kultur.Gesellschaft“. Bacardi, Brown-Forman, Campari, Diageo und Pernod Ricard schließen sich zusammen, um „über die gemeinsamen Interessen der Cocktailkultur in den Dialog zu treten“. Vor allem mit der Politik. Weniger mit ihrem deutschen Lobbyverband BSI.
Alle fünf Konzernniederlassungen sind auch Mitglieder des Bundesverbandes der Spirituosenindustrie (BSI), dem Lobbyverband der Branche. Erfahren haben die Verbandskollegen des BSI von dem Vorhaben erst, als die Initiative im Lobbyregister des Deutschen Bundestages auftauchte, was naturgemäß befremdete. Es geht, allen Marketingbekundungen der eingeschalteten Berliner Agentur MSL – der sich Annalena Baerbocks Ehemann Daniel Holefleisch vor einem Jahr anschloss – in Wahrheit wohl um mehr. In der kommenden Woche stellt sich die neue Truppe bei einem parlamentarischen Cocktailabend der Berliner Politik vor. Da können die Konzerne dann direkt Tuchfühlung mit den Politikern aufnehmen – und genau das scheint den Deutschland-Statthaltern von Bacardi, Brown-Forman, Diageo und Pernod Ricard wichtig zu sein. Getrieben auch von einer Angst vor Werbeverboten. Sie wollen eine regulierte europäische Arbeit statt einen nationalen Flickenteppich.
Die Kollegen des BSI sollten mit einer nicht wirklich präzisen Präsentation des Vorhabens beruhigt werden. Erstmal verbal zurückrudern und die Emotionen runterfahren – geübte Praxis in Berlin. Das macht den Vorstoß aber aus Sicht des BSI nicht weniger gefährlich. Im Flickenteppich Deutschland hat der BSI für deutlich laxere rechtliche Rahmenbedingungen gesorgt als in anderen europäischen Ländern. Eine europäische Vereinheitlichung würde die lockeren deutschen Regeln womöglich infrage stellöen. Die von den MSL-Strategen jetzt eilig in den Vordergrund geschobene Cocktailkultur in Deutschland ließe sich auch ohne Lobby-Parallelverband verbessern.
Das Ausscheren mag auch darin begründet sein, dass bei Sitzungen des BSI manch Vertreter der internationalen Konzerne einen Simultanübersetzer braucht. Da treffen Welten aufeinander, sagt ein INSIDER. Dazu trägt bei, dass die Global Player ihre Deutschland-Statthalter häufig austauschen und die Manager eng in europäische Strukturen einbinden. Entschieden wird vieles andernorts. Es mutet fast so an, als seien die fünf entschlossen, mal direkt mit der Politik Kontakt aufzunehmen. Das verstößt gegen die Regeln des BSI, denen sich jedes Mitglied verpflichtet. Es soll mit einer Stimme gesprochen werden, von Vielklang ist keine Rede. Vielleicht fehlt den fünf Konzernen hier einfach die Simultanübersetzung.
Artikel aus INSIDE 928