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#938

Edekas Loverboy auf Brunnenfang

Edeka auf Wassertrip

Vor einem halben Jahr hatte Edekas Produktionschef Rammert mit der Übernahme der Petrusquelle in Siegsdorf einen ersten Pflock im Mineralwassermarkt eingerammt. Letzte Woche kam in Nordhessen der nächste hinzu. Weitere Brunnen stehen auf dem Speiseplan.

Was die Edeka Südwest schon vor 16 Jahren vorexerzierte, als sie Seppel Huber seinen Schwarzwald Sprudel abkaufte (vgl. INSIDE 519: „Seppels bester Coup“), ist jetzt auch für die Edeka-Zentrale Programm. Deutschlands größter Lebensmittelhändler besorgt es sich mit Mineralwasser selbst.

Eine Strategie, die spätestens 2022 reifte, als Hauptlieferant Schäff die Brocken hinwarf, nachdem ihm das notorische Gezocke von Edeka-Boss Markus Mosa und dessen Einkäufern auf die Nerven gegangen war. Seither setzt die Edeka auf die Alma-Gruppe. Die Franzosen unter ihrem CEO Luc Baeyens haben mit dem wiederbelebten Standort Jessen in Sachsen-Anhalt, dem Kauf von Rhönsprudel und zuletzt Förstina bereits begonnen, ein Netz an deutschen Standorten zu knüpfen. Doch nur auf Alma verlässt sich die Edeka nicht. Hamburg klöppelt an einem eigenen Brunnengeflecht.

Mit der Mission betraut ist ein Brunnen-Mann: Dr. Markus Rammert, der beim Abfüllanlagenbauer KHS seine Karriere begann, dann zu Hansa-Heemann, Coca-Cola und später zur Schwarz-Tochter MEG wechselte, arbeitet seit neun Jahren als Produktionschef für die Edeka-Zentrale. Und führt in dieser Funktion auch die Safttochter Sonnländer, die nun als Holding für Brunnenkäufe dient.

In den letzten zehn Monaten machte Rammert der halben deutschen Brunnenlandschaft den Hof. Abgesehen hat er es auf Standorte, die gute Qualität und eine passable Schüttung versprechen. Während Alma unterhalb von 500.000 Kubikmeter Wasserrecht abwinkt, steigt Rammert auch eine Etage tiefer ein. Er trifft auf offene Ohren. Das Wassergeschäft wird immer härter.

Immer mehr Brunnen liebäugeln mit dem Exit. Und Rammert winkt mit schnellem Geld.

Im April schnappte Rammert das erste Mal zu, angelte die Siegsdorfer Petrusquelle. Die dortigen Mehrweganlagen wurden mitsamt den Marken eingestampft, stattdessen zwei Einweganlagen installiert, wo nun das Edeka-Billigwasser Gut & Günstig gefüllt wird.

Nach demselben Muster soll in Calden verfahren werden. Die 1993 von der taumelnden März-Gruppe gekaufte Wilhelmsthaler Mineralbrunnen verfügt über gute Wasserqualität und hohe Schüttung, spielt in den Überlegungen der Hassia-Gruppe schon seit geraumer Zeit keine strategische Rolle mehr. Aktuell läuft in Calden noch eine Mehrweg-Kombianlage für PET-MW und Glas. Das Volumen lag 2022 bei rund 20 Mio Litern.

Wettbewerber (und wohl auch Hassia selbst) fragten sich schon länger nach dem Sinn von Wilhelmsthaler für die Gruppe. Noch bevor sich Grundsatzfragen wie die nach einer nötigen Schließung stellten, klopfte nun der Großkunde aus Hamburg an. Edeka/Sonnländer übernimmt den Brunnen mitsamt Immobilien, allen 30 Mitarbeitern, sowie Marken- und Wasserrechten. Den Kauf einer Einweganlage soll Edeka, laut INSIDERN, bereits angewiesen haben.

Rammerts Mission ist mit dem Kauf in Nordhessen nicht beendet. INSIDER wollen in seinem Notizbuch die Projektnamen „NRW I“ und „NRW II“ erspäht haben.

Welche Mineralbrunnen-Unternehmen sich hinter NRW I und II verbergen ist noch streng geheim. INSIDER wissen aber: Bei einer Kandidatin im Ruhrgebiet steht Rammert bereits in sehr fortgeschrittenen Verhandlungen.

Der Verkauf von Wilhelmsthaler ist laut Hassia-Chef Dirk Hinkel das Resultat einer grundlegenden Optimierung der Gruppe. Kostensteigerungen und ein veränderter Markt hatten Deutschlands Markenwasser-Anführer 2021 und auch 2022 in die roten Zahlen gestoßen, jeweils knapp drei Mio Euro Verlust wurde ausgewiesen. Intern werden alle Steine umgedreht, um die Gruppe wieder fit zu machen. 2023 soll es besser aussehen. Man befinde sich auf einem „sehr guten“ Weg. Der Verkauf weiterer Standorte oder Töchter ist laut Hinkel aber „ausgeschlossen“. In Nordhessen wird der Hassia-Vertrieb nun versuchen, die verbliebenen Mengen in Gastro und Einzelhandel auf andere Marken des Gruppenportfolios umzuswitchen. Doch die Wettbewerber (Germete, Rhönsprudel, Volkmarser) sind längst ausgeschwärmt.      

Artikel aus INSIDE 938