Dilemma für multinationale Firmen: Die Einstellung des russischen Geschäfts ist möglicherweise endgültig. Erhebliche Abwertungen sind die Folge. Und Russland könnte mit Enteignung reagieren.
Für globale Player findet der Krieg auch im eigenen Konzern statt. Viele Händler und Hersteller haben ihr Russland-Geschäft bereits zurückgefahren, Läden geschlossen, Produktionen eingestellt. Andere wie z.B. Ritter Sport und Oetker Nahrungsmittel wollen ihre Werke in Russland weiterbetreiben. So zunächst auch Coca-Cola Hellenic Bottling. Der Coke-Abfüller beschloss, die zehn Standorte in Russland weiterlaufen zu lassen. Der Abfüllbetrieb in der Ukraine wurde indessen geschlossen, was die empörten Händler vor Ort zu Auslistungen veranlasste und weltweit zu Boykottaufrufen für Coca-Cola führte.
In dieser Woche hat die Coca-Cola-Zentrale reagiert und angekündigt, den Verkauf in Russland (1-2% des weltweiten Umsatzes) vorerst einzustellen. Wettbewerber PepsiCo, der 4% seines Umsatzes in Russland erlöst, will sein Geschäft „stark einschränken“
Schwierig die Lage auch für Bier-Weltmarktführer AB Inbev, der im belgischen Leuven gerade eine halbe Million Dosen mit Trinkwasser abfüllt und als Hilfe an die ukrainische Grenze schippern lässt. Die osteuropäischen Brauerei-Töchter brachte AB Inbev vor vier Jahren mit Efes in ein 50:50-Joint Venture ein. AB Inbev Efes ist in Russland mit elf Standorten Marktführer. Und gleichzeitig Nummer zwei in der Ukraine, wo in Charkiw, Tschernihiw und Mykolajiw rund 10 Mio hl Bier und Kwas hergestellt wurden.
Carlsberg: Hauptschlagader Baltika
Am härtesten trifft es unter den Braukonzernen Carlsberg. Für CEO Cees ´t Hart ist die russische Tochter Baltika (2021: +6,1%) so etwas wie die Hauptschlagader. Laut 2021er Geschäftsbericht stammen 39% des Volumens und 24% des Konzerngewinns aus Mittel- und Osteuropa.
Man habe beschlossen, „neue Investitionen in Russland sowie Exporte von anderen Unternehmen der Carlsberg-Gruppe an Baltika Breweries einzustellen“, verkündete ‘t Hart am letzten Freitag. Klare Botschaft zwischen den Zeilen: Baltika soll weiter laufen. Gleichzeitig sollen 10 Mio Euro Hilfe für die ukrainische Bevölkerung bereitgestellt werden. In Saporischschja, Lwiw und in der Hauptstadt Kyjiw unterhält Carlsberg in der Ukraine drei Brauereien, die bis zum russischen Angriff 1.300 Mitarbeiter beschäftigten und 39% des Markts hielten.
Den gleichen Modus Vivendi wie Carlsberg – vorerst keine Investitionen und Importe, aber das Geschäft weiterbetreiben – hat auch die Nummer drei, Heineken, gewählt. AB Inbev/Efes, Carlsberg-Baltika und Heineken produzieren 70% des 70 Mio hl großen russischen Volumens.
UPDATE: Heineken-Chef Dolf van den Brink hat am Mittwoch, 9.3., angekündigt, die Produktion und den Verkauf der Marke Heineken in Russland einzustellen. Die übrigen russischen Marken und Brauereien sind davon unberührt. Der Eiertanz geht weiter