Noch kein INSIDER?

JETZT ZUGANG SICHERN!

Wählen Sie Ihre Anmeldeoption.

Schnell und unkompliziert INSIDER werden!

Weiter

Print-Ausgabe

#898

GFGH schlägt Alarm: Wer soll das bezahlen?

Dieselpreise: Der GFGH schlägt Alarm

Dieselpreisentwicklung in den letzten 365 Tagen

Der traditionell margenschwache GFGH droht durch die gegenwärtigen Kostensteigerungen unter die Räder zu geraten. Mit einem ungewöhnlichen Schritt rudern Großhändler dagegen. Sie fordern einen Sonderzuschlag. Die Reaktion ihrer Kunden fällt nicht überall wohlwollend aus.

Große Streckenverleger zeichnen ein dramatisches Bild der Lage. Durch die schnell steigenden Dieselpreise (siehe unten) würde ihr Geschäft in die roten Zahlen gestürzt. Kraftstoff ist ein wesentlicher Kostenfaktor für Logistiker, laut Bundesverband Güterkraftverkehr mit durchschnittlich zwischen 15 und 25% der Gesamtkosten, der zweitgrößte Faktor (nach Personal). Nur bei wenigen Großkunden sind sogenannte Diesel-Floater vereinbart, zum Beispiel bei der Rewe/LHV. Quer über die Republik ergreifen Fachgroßhändler nun Notmaßnahmen und erheben Aufschläge.

Bei Höhe und Form der Sonderzulagen herrscht vielfältige Kreativität. Die Gastronomie wird mal mit Stopp-Pauschalen (zwischen 5,50 Euro bis über 20 Euro je Belieferung) behelligt, mal mit einem Aufschlag je Fass oder Kiste (z.B. Heinemann-Großengottern). Auch der Einzelhandel soll meist einen Aufschlag je Kiste zahlen. Je nach Höhe des Dieselpreises soll in unterschiedlichen Preisstufen mehr bezahlt werden.

So will Splendid Drinks acht Cent je Kiste draufschlagen, wenn der Literpreis für Diesel zwischen 1,60 und 1,90 Euro (brutto) liegt. In 30 Cent-Schritten geht die Sonderzulage rauf auf 20 Cent/Kiste (ab Dieselpreisen über 2,50 Euro). Andere, wie z.B. Trinks, fassen die Preiskorridore enger. Marktführer DGL berechnet die Aufschläge je nach Standort. Essmann-Bordesholm bezieht sein Sortiment schließlich von weiter entfernten Herstellern als die WGH in Dortmund.

Die durch den Ukraine-Krieg verschärfte Kostenspirale können selbst die engstirnigsten Einkäufer nicht wegdiskutieren, es herrscht ein Hauch von Verständnis für die Not-Zuschläge. Allerdings nicht über die sehr unterschiedliche Höhe und Ausprägung. Mehrere GFGHs verlangen die Zulagen rückwirkend für die letzten Wochen.

Zumindest bei der LHV sollen sie auf Granit beißen. In Köln lässt die Empathie für den GFGH offenbar generell nach (vgl. S. 18); die LHV glaubt, die bestehenden Diesel-Floater seien genug, obwohl diese nur für die Beschaffungslogistik gelten. Für die Belieferung oder den innerbetrieblichen Dieselverbrauch will die LHV nichts hergeben, dabei zehren die Dieselkosten allein dort die komplette GFGH-Marge auf. Die ist dünn. Armselig dünn. Der Einzelhandel gönnt der Branche kaum das Schwarze unter den Fingernägeln. Selbst ein Gigant wie Trinks wechselt eher Geld als dass er Geld verdient: Die Umsatzrendite liegt unterhalb von 1%.

Und es wird immer enger. Die Kosten fliegen nicht nur bei Diesel. Ein leergefegter Arbeitsmarkt und die Mindestlohn-Erhöhung schieben die Personalkosten nach oben, die Frachtraumknappheit lässt die Spotmarktpreise für Speditionsleistungen verrückt spielen. Schwankungen binnen einer Woche von bis zu 50% sind die Folge.  

Kollaps im Sommer?

Während einige GFGH-Manager in künftigen Verträgen neben Diesel- auch weitere Index-basierte Floater für Personal- und Frachtkosten einrichten wollen, fordern andere schon jetzt eine Sonderzulage nicht nur für Kraftstoff. Der Ton wird resoluter. Offen wird damit gedroht, einfach den Bettel hinzuwerfen und zuzusperren, wenn der Handel sich nicht auf die Forderungen einlässt. Wohlwissend, dass der GFGH als Mehrweg-Manager so gefragt ist wie nie zuvor. Das System stößt in einem engeren Logistikmarkt an die Grenzen. Schon zu Ostern wird wieder mit Engpässen gerechnet, für eine Hitzeperiode im Sommer reichen die Leergut- und Liefer-Kapazitäten nicht mehr aus.

Weil es auch mit den eigenen Lösungen oft nicht besser läuft (die Edeka Hessenring streicht derzeit mangels Kommissionierern und Fahrern viele Artikel aus dem Ordersatz), ahnt der LEH allmählich, dass der Problemlöser GFGH besser am Leben bleiben sollte. Und dass nur dafür ein Paar Euro drin sein müssen. Von für das Mehrwegsystem generell wünschenswerten Zukunftsinvestitionen in Lager-, Liefer- und Sortiertechnik ganz zu schweigen.

Artikel aus INSIDE 898