Noch kein Insider?

Jetzt inside abonnieren

Auf der folgenden Seite erfahren Sie alles über unsere Anmelde-Optionen.
Bei Abschluss eines Abos werden Inside Web News sofort für Sie freigeschaltet. Auf Wunsch erhalten sie die Top-News der Branche auch kostenlos als SMS aufs Handy.

Mehr erfahren und Insider werden!

Weiter

Coca-Cola wackelt

Das verflixte letzte Jahr: Frank Molthan

Corona traf den Coke-Abfüller härter als die meisten Wettbewerber. Durch die zuvor schon begonnenen Kostenmaßnahmen gerät die rote Vormachtstellung, erwachsen aus der Verbindung bärenstarker Marke mit bärenstarker Distribution, ins Wanken. Und jetzt klemmt es trotz Absatzrückgängen auch noch in der Produktion.

Mit einem Umsatzminus von 22,5% im zweiten Quartal lag die deutsche Division im Mittelfeld aller Ländergesellschaften. Seither erholt sich das Geschäft nur wenig. Durch einen hohen Außer-Haus-Anteil leidet die Coca-Cola European Partners CCEP erheblich unter der Pandemie. Neben Gastro- und Event-Minus führte ein Konditionsstreit mit Agecore hierzulande zu Auslistungen bei der Edeka (was erst kürzlich bereinigt wurde). Das Absatzminus der CCEP Deutschland kumuliert sich laut INSIDERN aktuell auf 3,5 Mio hl.

Schon in den letzten Jahren exekutierte Deutschland-Chef Frank Molthan Kostenmaßnahmen, um die von der Londoner Zentrale und AR-Chefin Sol Daurella vorgegebenen Ertragsziele zu erreichen. 2019 blieb die deutsche CCEP zwar noch hinter den 14% Rendite der gesamten CCEP, doch bei 2,8 Mrd Euro Umsatz blieb immerhin ein Jahresüberschuss von 220 Mio Euro hängen, knapp 8%. Für 2020 hofft Molthan trotz Corona noch auf eine schwarze Null.

Im Herbst 2019 beschloss Berlin, 10.000 Absatzpunkte künftig indirekt über den GFGH oder andere Kanäle bedienen zu lassen. Zuvor schon wurde LEH- und Systemgastro-Belieferung externen Logistikern und Verlegern überlassen. Damit geht freilich auch eine zentrale Stärke, der Durchgriff bis hinein in die Verästelungen des Markts, Bäckereien, Vereine, Kantinen, Friseure, verloren. Von der „Verfügbarkeit auf Armeslänge“, wie sie der legendäre Coca-Cola-Chef Robert W. Woodruff propagierte, entfernt sich die CCEP immer mehr.  

Das kostet Absatz, auch bei den in der Bilanz explizit gerühmten „kleineren, höhermargigen Verpackungen“. Zudem pocht der anfangs dankbare GFGH  jetzt auf mehr Spanne. Die schrumpfenden Stoppmengen, so erklärt es ein großer Verleger aus NRW, bedeuten „höhere Stückkosten in der Logistik. Wir brauchen einen Nachschlag“.

Gelegenheit ergibt sich in Kürze: Demnächst stehen neue Konditionsverhandlungen an, die CCEP hat wie immer zu Beginn der Jahresgespräche eine neue „Bruttopreisliste“ verschickt. Das Hauptgebinde PET-MW 12x1 Liter klettert per 1. November um 1,1% auf stattliche 15,82 Euro, inkl. 16% MWSt. also auf 18,35.  Im Handel ist die Kiste im Angebot für weniger als die Hälfte zu haben. Die legendäre Schere zwischen Coca-Colas Bruttomondpreisliste und der Realität im Markt öffnet sich indes noch weiter.

Was der Kunde tatsächlich zahlt, ist Verhandlungssache. Eigentlich sollte die intransparente Praxis längst abgeschafft sein. Per 1.3. 2020, so versprach es der neue Vertriebs-Gf John Galvin vor einem Jahr auf einer Kundenveranstaltung in Brüssel (INSIDE 830), sollte die CCEP auf Netto-Netto-Preise umstellen. Doch offenbar war die Angelegenheit doch zu heikel.  

Der emsige Ire, der als designierter Nachfolger von Deutschlandchef Molthan gilt, wenn der – mutmaßlich im kommenden Jahr – von Bord geht, hat genügend andere Baustellen. Derzeit sind er und seine Verkäufer viel damit beschäftigt, Kundschaft zu vertrösten.

Die auf Effizienz ausgerichtete Absatzplanung der CCEP hat offenbar versagt. Ware fehlt an allen Ecken und Enden. Selbst die Hauptartikel sind oft nicht verfügbar. Dazu kommt eine von Umstrukturierungen ausgelaugte Belegschaft, die von der Berliner Führung an manchen Standorten viel zu spät aus der kostensparenden Kurzarbeit zurückgeholt wurde. Und es geht weiter: So wurde Außendienstlern gekündigt, bevor sie mit neuen Verträgen wieder eingestellt wurden.

Kommunikation nach außen und innen findet da offenbar nicht mehr reibungslos statt. Es kommt zu peinlichen Vorfällen, wie unlängst in KW 3, als Edeka, Rewe und Kaufland parallel mit einer überregionalen Aktion für 12x1-Liter MW (für 8,96 Euro, bzw. 8,52 Euro) in die Werbung gingen. Auf der Fläche taten sich weithin sichtbare Lücken auf, weil der GFGH keine Ware bekam.

Die Probleme nerven nicht nur Galvin. „Mit eingeschränkter Funktionalität werden wir auch nach Corona nicht wieder in die Spur kommen,“ konstatiert ein hochrangiger Vertriebsmanager gegenüber INSIDE. Die Strahlkraft der Marke wird es nicht mehr richten. Für Verbraucher, Händler und Wirte sind nicht nur Sinalco, Pepsi, Afri, sondern auch eine Unzahl von regionalen Limonaden und Phänomene wie Colamix, von deren Existenz in der CCEP-Führung bis vor kurzem noch niemand etwas gehört hatte, zu ernsthaften Alternativen geworden.   

(Artikel aus Magazin 860)

 

Kopf der Woche
19.04.2024

16
/2024

Florian Schörghuber

Weiterlesen
Print-Ausgabe
11.04.2024

Neu!
#948

Die Burn-Rate der Bestellplattformen

Zum Inhalt