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CO2 knapp. Kunststoff knapp. Alles knapp.

Der gegenwärtige CO2-Notstand kommt zurück wie ein chronisches Rückenleiden. Wieder mal wurde dieser Tage großflächig "Force Majeure" ausgerufen, dabei ist das wahre Ausmaß der Malaise weiter unklar. Wenn die Branche nur dies eine Problem hätte: Mittlerweile herrscht Knappheit an allen Fronten.

„So schlimm“, reportierte ein INSIDER anno 2018, „war‘s bei uns noch nie“ (Ausgabe 803). Das ist nun drei Jahre her, doch es gibt offenbar immer noch Steigerungsformen: Von einem „dramatischen“ Einbruch bei der CO2-Versorgung sprechen die einen, andere beschwörten einen „nationalen Mangel“ bei Trockeneis. Händler wie die in Burgbrohl ansässige SOL Kohlensäure berichteten von „unvorhergesehenen Ausfällen“ in der Rohgas-Versorgung mehrerer CO2-Produktionswerke. Man sei, „gezwungen, ein Ereignis höherer Gewalt“ anzumelden, und bezieht sich ausdrücklich auf die Regelungen der "Force Majeure"-Klausel.

Deren Interpretation gilt aber in manchen Fällen als delikat. Höhere Gewalt liegt laut Definition vor, „wenn die Leistung im Vertrag unmöglich gemacht wird, weil ein von außen kommendes, von keiner Partei beherrschbares Ereignis vorliegt, das von niemandem im Rahmen der zuzumutenden Sorgfalt abgewendet werden konnte“. In diesem Fall können Verpflichtungen entfallen – aber eben auch nur dann. 

Im vorliegenden Fall – nicht nur Kunden von SOL waren betroffen, auch LindeNippon u.a. sollen ähnlich im Markt argumentiert haben – übt sich der mutmaßliche Hauptverursacher BASF in Zurückhaltung. „Wir hatten vor kurzem eine kurzfristige Produktionsunterbrechung, die aber wieder behoben ist“, heißt es auf INSIDE-Anfrage lapidar aus der Zentrale. Dagegen steht die Aussage eines Händlers, der „mindestens noch für die nächsten zwei Wochen“ massive Engpässe und dann bis Ende Oktober eine generelle CO2-Knappheit prognostiziert. Angeblich plant BASF über September/Oktober eine Revision seiner Anlagen. Auf Anfrage teilt BASF dazu mit: „Zu geplanten Abstellungen einzelner Anlagen können wir keine Auskunft geben. Danke für Ihr Verständnis.“  

Auch in anderen Rohstoff-Märkten klemmt es gewaltig:

Seit das chinesische Yantian Container Terminal (Region Shenzhen) wegen eines Corona-Ausbruchs geschlossen wurde, hat sich Versorgungslage nochmals dramatisch verschlimmert. Aus China kommen u.a. Vorprodukte für die Herstellung von Mineraldünger und Agrarchemie (CO2 wird hauptsächlich als Nebenprodukt der Düngemittelproduktion gewonnen). Experten befürchten, dass sich die Roh-/Grundstoff-Malaise exponentiell fortsetzt.     

Kunststoff-Garant für Getränkekästen

Hersteller verlängern die Lieferfristen, manche Farben waren zeitweise nicht mehr verfügbar. Da in Asien seit Monaten das Preisniveau der Kunststoffe deutlich über dem europäischen liegt, wurden die globalen Warenströme von Europa nach Asien umgelenkt. Schon im März gab es Produktionsengpässe bei Kunststoffen und deren Vorprodukten, die das Mengenangebot teilweise auf bis zu 50% des Normalniveaus reduzieren. In Europa ist die Lieferkette seither durch Force Majeures, Anlagenstörungen, Drosselungen und Wartungsstillstände beeinträchtigt. 

Neuflaschen/Utilities

Laut einem INSIDER sind die Kapazitäten auf dem Glasmarkt „sehr angespannt“. Auch an den dazugehörigen „Utilities“ mangelt es: Angefangen bei hohen Preisen für Etiketten-Leim – oft wissen die Lieferanten nicht, wie sich die Rohstoffsituation weiter entwickelt - bis hin zu Kunststoffteilen: Viele Rohstoffketten aus China sind unterbrochen. Daten des Branchenanalysten Drewry zufolge kostet ein Container auf der wichtigen Exportroute von Schanghai nach Rotterdam mittlerweile rund 12.000 Dollar. Noch vor einem Jahr hätte ein Containertransport von Asien nach Nordeuropa nicht mal 2000 Dollar gekostet. Importeure fühlen sich an den Wilden Westen erinnert. „Hinter vorgehaltener Hand“, so der Branchendienst Kunststoffweb, „fällt das Wort Erpressung“.

Malz

Branchenexperten registrierten in der zweiten Jahreshälfte 2020 ein Umdenken bei den Landwirten. Viele bauen jetzt statt Braugerste andere Getreidearten an. Die Braugersten-Gemeinschaft erwartet, dass die Sommergerstenfläche in Deutschland um 17% auf ca. 300.000 ha stark abstürzt – auch eine Folge der niedrigen Braugerstenprämie gegenüber Futtergerste und des geringen Preisabstands zum Weizen (allerdings verzerrt der zunehmende Anbau von Sommergerstensorten in der Herbstaussaat die Statistik). Mälzer sprechen von „historisch niedrigen Beständen an Braugerste“: Wer auch immer davon profitiert. Brauer befürchten einen Anstieg der Malzpreise von bis zu 50 Euro/Tonne.

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