Für sein in Deutschland auf über 300.000 hl marschierendes Pseudo-Mexikobier Corona könnte AB Inbev bald eine smarte nationale Lösung finden: Laut INSIDERN läuft sich der Standort Wernigerode für die Produktion von Corona warm.
Ironie der Geschichte – und ein Tabubruch: 2018 hatte AB Inbev erfolglos versucht, den Hasseröder-Standort zusammen mit Diebels erst an D. Deistler zu verkloppen; im Herbst 2021 soll der neue AB Inbev-CEO Michel Doukeris die deutschen Konzerntöchter ein weiteres Mal vergeblich für eine Mrd Euro angeboten haben (INSIDE 887). Jetzt spielt die ehedem so stolze Braufabrik in Sachsen-Anhalt plötzlich wieder eine Rolle im strategischen Denken des Konzerns. Vorausgesetzt die notwendigen Genehmigungen werden erteilt, braut AB Inbev künftig 400.000 hl seiner weltweiten Konzernmarke Corona extra am hochheiligen deutschen Reinheitsgebot vorbei. Anders als beim mexikanischen Original zwar nicht mit technischen Enzymen, sondern mit einem Zusatz von Gerstenmalz, ansonsten aber mit der bewährten Zutaten-Combo: u.a. Mais, Reis, Papain und Ascorbinsäure. Zur Erinnerung: Anfang 2015 hatte sich der Bayerische Brauerbund noch Bitburgs marginal große ostdeutsche Edelfraktion Köstritzer Meisterwerke vorgeknöpft, die auch mit Koriander versetzt wurde (INSIDE 721).
In einem ersten Schritt will AB Inbev laut INSIDERN bis zu 200.000 hl per Tanklaster zu Beck‘s nach Bremen fahren, die dort filtriert und abgefüllt werden. In einer zweiten Stufe sei die komplette Herstellung und Abfüllung von bis zu 400.000 hl Corona in Wernigerode geplant. Zudem bereitet AB Inbev laut informierten Kreisen auch noch die Herstellung von Corona an seinem britischen Standort Samlesbury, Lancashire vor.
Genau genommen erfolgte der erste Tabubruch mit Corona bereits 2019. Seinerzeit kündigte der Konzern an, die Produktion seiner mexikanischen Kultmarke in andere Länder China, Brasilien, Kolumbien, Belgien und UK (in kleinem Stil für Fassbier) auszudehnen (INSIDE 840). Radeberger hatte in Deutschland den Vertrieb 2016 nach Bremen abgetreten, der Corona-Absatz in Deutschland entwickelte sich prächtig (2020 lag die Wachstumsrate bei über 50%, 2021 kamen weitere 22% auf insgesamt 217.000 hl hinzu), nur nicht die im Konzern hochheilige Ertragskennziffer MACO. Mit der Herstellung von Corona bei Jupiler in Belgien sollte das korrigiert werden. Der Jahrzehnte alte Slogan „Imported Beer from Mexico“ war auf den Etiketten einem schnöden „Gebraut unter Lizenz“ gewichen (INSIDE 835).
Für die abgemagerte Auerhahn-Brauerei und ihre verunsicherte Belegschaft käme ein dicker Corona-Auftrag gerade recht: Hasseröder ist von ehedem 2,8 Mio hl auf 1,7 Mio hl in 2021 abgeschmiert, Tendenz weiter fallend. Experten wissen, dass AB Inbev in sein lange Zeit verschmähtes Ost-Töchterchen nun nachinvestiert. Bevor sich der Auerhahn den Sombrero aufsetzt muss die heikle Frage mit dem deutschen Reinheitsgebot geklärt werden. Zumindest wird erwartet, dass die Prozesse bei der Herstellung von Maisbier klar von denen der anderen Biere getrennt sind – was auch für den Transport in den Tankwagen und die Aufbewahrung der Rohstoffe gilt.
Artikel aus INSIDE 915