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"Philanthrop" Dr. Lohbeck über das Ende von Schwelm

Dr. Rolf Lohbeck wurmt es offenbar immer noch, dass er über die Gründe für die Insolvenz seiner Schwelmer Brauerei im Jahr 2009 noch nicht überall die Deutungshoheit hat. In einem Interview mit der Westfalenpost aus Anlass seines 70. Geburtstags spricht der Hotelier (und nach wie vor Inhaber der Landskron-Brauerei in Görlitz) mittlerweile offen von Sabotage durch die eigenen Mitarbeiter: "Wäre die Brauerei nicht durch eine bewusst herbeigeführte Verschlechterung der Qualität des Bieres von meinen eigenen Mitarbeitern sabotiert worden, gäbe es sie noch heute." Seinerzeit habe sich herausgestellt, dass "das Bier in längst ausgemusterte Tanks gefüllt worden war. Das war ein Akt der Sabotage. Ich habe mich in Folge dessen mit dem Betriebsrat gestritten. Durch diesen Streit und den Mengenverlust wegen des schadhaften Bieres habe ich dann Insolvenz eingereicht. Insgesamt habe ich in der Brauerei 14,5 Millionen Euro verbraten."

Lohbeck hatte die Brauerei 2001 von Veltins gekauft. Nach der endgültigen Schließung der früher mal 40.000 hl großen Brauerei durch Insolvenzverwalter Manfred Gottschalk sollte eine Genossenschaft versuchen, den Fortbestand zu retten; vergebens. Die Brauerei ist komplett ausgeschlachtet, zuletzt kaufte die Stadt das Gelände von einem Investor. Seitdem machen immer wieder Gerüchte die Runde, man wolle dort u.a. wieder eine Brauerei ansiedeln.

2009 hatte der vermögende Unternehmer Dr. Rolf Lohbeck mit einem geharnischten Brief die Brauerei in die Insolvenz geschickt; das Schreiben stieß seinerzeit nicht überall auf ungeteilte Zustimmung - vor allem nicht in der Belegschaft, die zu einer Zeit den Gürtel enger schnallen sollte, als sich die Misere offensichtlich noch nicht ganz bei der in die mit einem dicken Fuhrpark ausgestatteten Führungsriege herum gesprochen hatte. Wir zitieren gerne aus Dr. Rolf Lohbecks Schreiben von 2009:

"Als der Schwelmer Unternehmer Dr. Lohbeck im Dezember 2001 die Brauerei Schwelm von der VeltinsGruppe kaufte, war die Schließung der Brauerei durch Veltins bereits für 3 Tage nach Kauf beschlossene Sache gewesen. Ein verbliebener Absatz von rd. 38.000 Hektoliter ließ aus wirtschaftlichen Erwägungen nur noch die Schließung zu. Trotzdem wagte Dr. Lohbeck als Schwelmer, der in der Umgebung der Brauerei aufgewachsen war, aus vorwiegend emotionalen Beweggründen den Kauf der Brauerei. Für diesen riskanten, aber mutigen Schritt wurde er von vielen als Retter der Schwelmer Brauerei gefeiert.

Tatsächlich gelang es durch 7,3 Millionen Euro teure Investitionen – darunter die Umstellung auf die Bügelflasche – den Absatz 2004 auf noch nie erreichte 82.000 hl zu steigern. Leider hielt dieses 'Wunder' nicht lange an. Der allgemeine Absatzrückgang auf Grund sich ändernder Trinkgewohnheiten führte in den Folgejahren wieder zum Absatzrückgang. Besonders erschwerend kam hinzu, dass im Jahre 2006 gravierende Qualitätsprobleme auftraten, die erst Ende 2008 wieder behoben werden konnten. Erst durch den Austausch der verantwortlichen Geschäfts- und Betriebsleitung sowie erneute Investitionen in Millionenhöhe konnte die Bierqualität des Schwelmer wiederhergestellt werden. Aber die erhoffte Wende blieb aus! War der Absatz im Jahr 2008 um 18 % auf 53.000 Hektoliter gesunken, so betrug bis einschl. August 2009 der Absatzrückgang bereits 15 % zu 2008.

Mit Investitionen (7,326 Millionen Euro) und Jahresfehlbeträgen (6,9 Millionen Euro) von insgesamt 14,226 Millionen Euro aus eigenem Vermögen hat die Schwelmer Unternehmerfamilie Dr. Lohbeck von 2002 - 2009 den Brauereibetrieb aufrechterhalten und dadurch über 40 Mitarbeitern und ihren Familien einen Arbeitsplatz erhalten. Darüberhinaus wurden eine Vielzahl von Vereinen, Sport- und Kulturveranstaltungen gefördert. Auch hierfür erfuhr die Schwelmer Brauerei viel dankbare Anerkennung!

Auch wenn die traditionsreiche Brauerei nunmehr aufgeben muss, so möchten Gesellschafter und Geschäftsleitung den unermüdlichen Einsatz der Mitarbeiter dankend hervorheben. Sie haben durch unentgeltliche Mehrarbeit über ihre Pflicht hinaus gemeinsam mit dem Unternehmer Dr. Lohbeck alles Menschenmögliche getan, um die Brauerei Schwelm zu erhalten. Nach 8 Jahren als Philanthrop musste jedoch auch Dr. Lohbeck die Wahrheit einer alten Indianerweisheit erkennen:

Wenn du merkst, dass du ein totes Pferd reitest, dann steige ab!'

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