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PET im Fokus

In diesem Jahr 2021 feiert der Kunststoff Polyethylenterephthalat oder kurz PET seinen 80. Geburtstag. Als Alternative zur Herstellung von Textilfasern entwickelt, ist das Material heute eines der wichtigsten in der Verpackungsindustrie, seit Anfang der 1970er Jahre auch für Getränke. Über 80 Prozent der alkoholfreien Getränke werden laut Wirtschaftsvereinigung für alkoholfreie Getränke Wafg in Deutschland in PET-Einweg- oder PET-Mehrwegflaschen abgefüllt. Plastik-Bashing, politische Restriktionen und verändertes Kaufverhalten der Konsumenten setzen PET-Einweg – aber auch Mehrweg – enorm zu. Geforderte, höhere Rezyklatanteile stehen einem knappen Markt dafür gegenüber. Bei PET steht die Branche vor unlösbaren Aufgaben.

Seit drei Jahren ist die Gebindeentwicklung in der Mineralwasserbranche von Marktanteilsverlusten für PET – laut aktuellen Nielsen-Erhebungen lag Einweg im Jahr 2020 bei unter 60%, PET-Mehrweg bei 20% – gekennzeichnet. Ein Ende des Abwärtstrends ist nicht in Sicht. PET steht weiter im (Negativ-)Fokus der Verbraucher und der EU, die über die EU-Richtlinie für Einwegkunststoffe den Fahrplan für PET-Flaschen vorgibt. Die Richtlinie ist ein wesentliches Element des „Green Deals“ bzw. des Aktionsplans der Kreislaufwirtschaft der Juncker-Kommission und ist Teil der umfassenden EU-Kunststoffstrategie. Diese enthält verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung von Einwegplastik, vor allem aber stehen Einwegflaschen im Fokus.

Demnach müssen die Einweg-Getränkeflaschen aus PET bis 2025 zu mindestens 25% aus Rezyklaten, also recycelten Kunststoffen, bestehen. Bis 2030 müssen es 30% sein. Außerdem gilt laut EU-Richtlinie: Die Verschlüsse von Einwegflaschen aus Kunststoff müssen fest mit der Flasche verbunden sein, damit sie nicht einzeln in der Umwelt landen („Tethered Caps“). Dies gilt laut EU-Richtlinie spätestens ab 2025. Außerdem muss die im Juli in Kraft getretene „Single-Use Plastic (SUP) Directive“ umgesetzt werden. Sie sieht vor, dass bis zum Jahr 2025 zumindest 77% aller PET-Flaschen getrennt gesammelt und auch recycelt werden. Bis 2029 müssen alle EU-Mitgliedsstaaten eine getrennte Sammelquote von 90% bei Plastikflaschen erreichen, die aktuell 28 EU-Mitgliedstaaten sind zur Umsetzung der Richtlinien verpflichtet.

Europaweit werden Sammelsysteme – wie z.B. in Spanien oder in Holland, wo nach den 1,5 Liter Einwegpullen mit 25 Cent zum 1. Juli auch die anderen Größen (ab 0,5 Liter abwärts mit 15 Cent) bepfandet werden – implantiert und/oder eine Plastiksteuer erhoben, wie sie zum 1. Juli 2021 für Italien angekündigt wurde. In Deutschland gibt es bekanntlich ein funktionierendes Pfandsystem für Ein- und Mehrweg, das nahezu alle davon betroffenen Flaschen in das Kreislaufsystem bringt: Die Quote liegt bei 98,5% (gefolgt von Norwegen mit 95%).

Aktuell profiliert sich die Genossenschaft Deutscher Brunnen GDB als Führer eines funktionierenden Mehrweg-Pools im EU-Ausland: Laut INSIDERN holen besorgte Marktteilnehmer aus dem Ausland in Bonn Tipps ein.

Verpackungsgesetz auf der Kippe

Zunächst müssen auch in Deutschland die Hausaufgaben und die EU-Richtlinie umgesetzt werden. Anfang des Jahres passierte der Gesetzesentwurf aus dem Bundesumweltministerium das Kabinett und wird in den nächsten Wochen zur Abstimmung in den Bundestag gebracht. Das Verpackungsgesetz sieht eine Pfandpflicht auf alle Einweg-Getränkeflaschen aus Kunststoff vor (ebenso wie Getränkedosen). Bislang waren z.B. Fruchtsaftschorlen mit Kohlensäure pfandpflichtig, ein Fruchtsaft ohne Kohlensäure hingegen nicht. Künftig gilt grundsätzlich: Ist eine Getränkeflasche aus Einwegplastik, dann wird sie mit einem Pfand belegt. Ausnahmen für Fruchtsäfte oder alkoholische Mischgetränke in Einwegkunststoff-Getränkeflaschen oder Getränkedosen fallen weg (für Milch oder Milcherzeugnisse gilt eine Übergangsfrist bis 2024).

Laut Verpackungsgesetz sollen ab 2025 mindestens 25% Altplastik in einer PET-Flasche recycelt sein, ab 1. Januar 2030 liegt die Rezyklatquote dann bei mindestens 30%. In einem ersten Entwurf diente die gesamte PET-Flasche als Bezugsgröße (also mitsamt dem Verschluss, d.h. auch das Gesamtgewicht), dies ist nun nicht mehr der Fall. Laut Gesetzesvorlage können die Hersteller selbst entscheiden, ob sie diese Quote pro Flasche oder über ein Jahr verteilt in Bezug auf ihre gesamte Flaschenproduktion erfüllen möchten.

Dabei ist fraglich, ob das deutsche Verpackungsgesetz überhaupt der EU-Richtlinie standhält: Die Richtlinie bezieht sich beim Rezyklatanteil weder auf die einzelne Bottle noch auf das Unternehmen, sondern auf die Branche. Aktuell wird die Gesetzesvorlage im sogenannten TRIS-Verfahren der Europäischen Kommission auf daraus entstehende, etwaige Handelshemmnisse auf dem EU-Binnenmarkt geprüft. Laut Lobbyisten ist es gut möglich, dass die EU die Vorlage kippt. – Auch Italiens Plastiksteuer scheint da keinesfalls sicher.

Rezyklat-Shopping in Deutschland

Dass der Rezyklatanteil der Flaschen EU-weit deutlich erhöht werden soll, bevor die Rücklaufquote über die Single-Use-Plastic-Directive greift (siehe S. 8), ist das Kernproblem der Richtlinie. Denn während Konzerne wie CCEP, PepsiCo, Danone oder Nestlé Flaschen aus 100% RPet proklamieren, sieht sich die mittelständisch geprägte Brunnenlandschaft bzw. deren Preformhersteller (Alpla, Resilux, Plastipack, Plama, Petainer, Alcopack, PET Wiegand etc.) in Deutschland einem leergefegten Rezyklat-Markt gegenüber. Rund 500.000 t PET werden hierzulande für Getränkeflaschen benötigt, nur ein Drittel davon ist als Rezyklat auf dem Markt. In dieser Situation akzeptiert die Nachfrageseite, also Preformhersteller, hohe Preise. Im Januar lag der offizielle Marktpreis für RPET bei circa 1.562 Euro pro Tonne, der für die auf dem weltweiten Rohöl-Preis basierende Neuware (Virgin) deutlich darunter, nämlich bei 865 Euro pro Tonne.

Das PET-Rezyklat wird trotzdem gekauft, der europäische Markt leergefegt, auch wenn im Ausland der Rezyklatmarkt hochgerüstet wird (z.B. Neo Group /Litauen oder Novapet/Spanien). Bei einem knappen Markt und den daraus resultierenden Preisunterschieden wird es interessant sein, wer – und vor allem: wie – den in der Bottle angegeben Rezyklatanteil kontrollieren will. Aktuell gibt es da noch kein einsetzbares Verfahren, diverse Fachhochschulen arbeiten unter Hochdruck daran . – Manche Hersteller und Lieferanten schwitzen schon.

Hilfreich könnte sich in diesem Zusammenhang der Handel zeigen, der – auch u.a. angetrieben von der PET-Kreislaufpolitik der Schwarz Gruppe (Lidl, Kaufland) – zukünftig von den Lieferanten eine Garantie (Audit) über den angegeben Rezyklatanteil verlangen könnte.       

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